Mit Otto Jaus (hier ebenfalls im großen Interview im uns) bildet der Steirer eine der aktuell erfolgreichsten Musikergruppen aus Österreich. Paul Pizzera im Helden-Interview über den wahr gewordenen Germanisten-Traum, geniale Auftritte, was er vermisst und die manchmal große Notwendigkeit eines gepflegten Vollrauschs.
von Patrick Meerwald
Geniale Wortwitze sind bei ihm definitiv die Regel und nicht die Ausnahme. Der Schmäh kommt, wenn er soll. Aber wenn Ernsthaftigkeit stimmiger ist, geht es auch seriös, Paul Pizzera hat ein echtes Gefühl, welche seiner Skills er wann einsetzt. Wie sehr diese Stärken bei seinen Konzerten zur Geltung kommen, kannst du hier in unserer Konzert-Review nachlesen.
Im ausführlichen Gespräch mit den Helden der Freizeit erzählt der Musiker, Kabarettist und Germanistik-Absolvent über jene Gigs, die er niemals vergessen wird und was er besonders an den momentan nicht stattfindenden Shows vermisst.
Paul Pizzera: Philosophisch, da fühle ich mich ja gleich geehrt. Danke. Ich würde sagen, ich bin sowohl als auch. Nur ernste Lieder zu schreiben, wäre mir auf Dauer zu seriös. Ausschließlich lustige Nummern widerum sind zu prophan. Da haben wir bei Pizzera und Jaus ein schönes Wechselspiel. Das macht es aus, dass wir uns da nicht versteifen müssen.
Andere Musiker wie Adele würden zum Beispiel nie ein Lied übers Onanieren schreiben. Das würde sich nicht ganz ausgehen. Wir dürfen mit unserem Tun aber schon die eine oder andere Grenze austesten. Ich möchte nicht nur in einem Genre was machen, sondern so musizieren, dass ich mir etwas aussuchen darf.
Das ist jemand, der sich selbst nicht als Helden definiert. Also jemand mit Bescheidenheit und Selbstironie. Genauso ist ein ruhiges Gemüt sehr heldenhaft. Aus künstlerischer Sicht habe ich auch ein paar Vorbilder. Zum Beispiel einen Thomas Spitzer oder den Gert Steinbäcker. Spitzer ist ein Schweizer Taschenmesser, was seine Musikalität betrifft. Beide haben so eine Lockerheit. Ich möchte das auch erreichen. Aber davon bin ich noch weit entfernt. Aber ich bin sehr lernfähig. Schauen wir einmal, vielleicht wird das ja noch etwas.
Thomas Spitzer ist ein musikalisches Schweizer Taschenmesser!
Paul Pizzera über die Vielfältigkeit des EAV-Masterminds.
Mit den beiden Genannten bin ich ja schon auf der Bühne gewesen, das Privileg hatte ich schon. Einmal irgendetwas gemeinsam mit Peter Rapp zu machen, das würde mir schon taugen. Der ist die Definition von jemandem, der sich einfach nichts scheißt. Und das finde ich einfach unfassbar sympathisch. Er ist einer, der den ganzen Medien-Wahnsinn bestens überlebt hat. Ich glaube, vom Mindset ist der schon ein ziemlich cooler Hawi.
Ich war öfter wandern, weil viel mehr geht auch derweil nicht. In er Natur sein beruhigt einen sehr. Wenn einem aber mal die Decke auf den Kopf fällt, kann man sich der bereinigenden Magie eines gepflegten Vollrauschs bedienen. Aber ernst: Gutes Essen, in die Natur gehen, Sporteln und ganz viel neue Musik entdecken. Das ist sehr cool.
Ich muss im Nachhinein sagen, ich habe mir vom Studium etwas ganz Anderes erwartet. Da dachte ich, ich lerne etwas für einen bzw. meinen sprachlichen Feinschliff. Das Ergebnis war aber eher ernüchternd.
Ob das jetzt der wahrgewordene Traum ist? Irgendwie zum Teil schon. Aber das hat auch sicher viel mit der eigenen Leidenschaft zu tun. Ich habe schon immer gern geschrieben und gelesen, wobei ich sicher lieber geschrieben habe. Ich habe mir im Studium auch überlegt, ob ich meine Karriere mit Kunstgeschichte absichern soll (lacht). Wenn man etwas unbedingt will, kann man es sicher auch bis zu einem gewissen Grad erreichen.
Ich habe immer lieber geschrieben als gelesen.
Paul Pizzera hat sich lieber aktiv mit Worten befasst.
Der Poetry Slam hat mir da eher weniger inhaltlich gegeben oder auch fürs Texten, aber für die Performances. Du kannst Dinge ausprobieren, schauen, wie Leute reagieren, was funktioniert und was funktioniert nicht. Und dafür bin ich sehr dankbar, weil es doch gewissermaßen ein Crashkurs ist. Denn nicht jeder kann Bühne. Dafür braucht es wirklich eine ordentliche Selbstreflexion.
Ich kann ja auch nicht morgen die Philharmoniker einfach so leiten, weil ich es nie gelernt habe. Mit Leidenschaft lässt sich vielleicht vieles kompensieren, wie vorher gesagt, aber nicht alles. Hilfreich sind da auch Freunde, die sollten die Courage haben, dir ehrlich ihr Feedback zu geben.
Natürlich die Leute, die sonst da sind, also das Publikum. Sie sorgen für die unendliche Energie und das Adrenalin. Dabei gibt es dieses Ausgeliefertsein, genau in dem Moment liefern zu müssen. Dieser positive Druck und die Anspannung so richtig ins Publikum “rein zu schwitzen”. Ich vermisse es, gemeinsam den Moment zu feiern und zu erleben.
Genau. Das war am 25. Februar letztes Jahr. Das war das letzte Mal, dass wir einen regulären Gig gehabt haben. Es gab auch Charity-Events danach, mit Politikern, zum Beispiel dem Kanzler. Aber die richtigen sind eben doch ein Jahr her. Natürlich nervt das auch irgendwo und frustriert, aber die Geilheit auf Konzerte bleibt. Wir werden die Füße weiter still halten und uns umso besser vorbereiten, wenn es wieder losgeht.
Von der Imposanz war natürlich das Donauinselfest mit 100.000 Leuten schon etwas Besonderes. Noch dazu als Headliner. Ich glaube, ich war in meinem Leben noch nie so nervös, wie an dem Abend. Dieses Erlebnis war trotzdem sehr erfüllend. Wenn es um das Eleganz oder die Ästhetik geht, muss ich aber auch das Burgtheater nennen. Das war echt cool, weil es eben das Burgtheater ist. Jetzt kann ich immer sagen “Ich habe in der Burg gespielt”. Mir ist klar, dass das jetzt ein komplett unnötiger Ego-Streichler war, aber ich muss auch zugeben, dass mir das getaugt hat.
Ich war noch nie so nervös, wie an diesem Abend.
Paul Pizzera hatte etwas weiche Knie vor dem Konzert am Donauinselfest.
Das neue Pizzera und Jaus Album ist de facto schon fertig. Und ja, auch mein zweites Buch soll im Herbst planmäßig rauskommen. Ich würde mich sehr über Open-Airs freuen, Konzerte und Festivals. Dass es dieses Jahr viel indoor geben wird, wage ich aus einer absoluten Anti-Experten-Sicht zu bezweifeln. Man freut sich ja auf die Shows, wie die eigentlich zweimal ausverkaufte Stadthalle in Wien. Da gibt es schon etwas Frust, wenn die wieder und wieder verschoben werden.
Trotzdem: In der jetzigen Zeit hat aber sicher diese gewisse Entschleunigung auch gut getan. Jeder tut das Beste, was er kann. Denn wer rastet, der rostet zwar, aber wer hastet, braucht auch Ruh. Vielleicht gibt es letztlich ein paar positive Kolleteralschäden von dem Ganzen. Der Zeitgeist aktuell lehrt einen Demut und Geduld.
Wir haben auch mit Paul Pizzeras kongenialen Partner Otto Jaus ein hochinteressantes Gespräch geführt. Lest hier im Interview alles über die neue Show mit Paul, besondere Karrieremomente, das Kochbuch mit seiner Mum, seine Zeit als Wiener Sängerknabe und warum lauthals lachen und bis aufs Blut streiten zum Familienleben dazugehört.
In unserer Hörer-Rubrik gibt es monatlich Interviews mit echten Musik- und Entertainment-Helden. Bei uns erzählen sie von besonderen Erinnerungen, ihren Vorbildern und anderen Leidenschaften!
Adel Tawil: “Ohne Bühne, ohne Applaus, nicht viel war übrig!”
Otto Jaus: “Zufriedenheit ist eine Einstellung!”
Stefan Jürgens: “Wien hat mich gelehrt, das Leben humorvoll zu sehen!”
Nino aus Wien: “Ich höre gerne Hits, ich schreibe halt keine!”
Rapperin Yasmo: “Sich zu behaupten, geht auch ohne Hierarchie!”
Cil City: “Wenn die Energie passt, darf auch was danebengehen!”
Eric Papilaya: “Musiker sein, ist wie ein Marathon, nur ohne Ziel!”
Sportfreunde Stiller: “Kunst ist dafür da, Freiheit zu spüren!”
Bernhard Speer: “Verschwitzt, komplett hin. Also alles richtig gemacht!”
Christian Hummer von Wanda: “Statt 150 kamen plötzlich 15.000!”
Arabella zu Starmania: “Es braucht viel Mut und Verletzlichkeit!”
Cley Freude: “Jeder Mensch ist ein Held und für jemanden wertvoll!”
Titus Vadon: “Musiker müssen innerlich brennen, sonst wird’s fad!”
Manuel Rubey: “Ich könnte Tag und Nacht Sport schauen!”
KØLEEN: “Ich liebe Kontraste im Leben, vor allem in meiner Musik!”
Sibbi von Itchy: “Für das Karma ist es gut, wenn man kein Arschloch ist!”
PAENDA im Interview: “Nicht nur meine Texte haben eine Message!”
Amy Wald: “Meine Sexualität war für mich nie so eine große Sache.”
Mala Frank im Interview: “Dann hat mich Bryan Adams gebeten, ihn zu covern!”
Christopher Seiler: “Wenn du einen Idioten spielst, musst du gscheit sein!”
Anna Heimrath nach Starmania: “Mein Ziel ist, von der Musik zu leben.”
Ina Regen: “Kenne deinen Grund, warum du was machst!”
Wendja: “Neben dem Musikmachen ist Sport mein Leben!”
Marco Pogo: “Den Bierbrunnen will ich wirklich!”
Silbermond: “Ein Kind auf die Welt bringen ist heldenhaft.”
Vamummtn-Rapper Ansa: “Autotune-Gedöns ist nicht unsers!
Kaiser Franz Josef : “Unsere Musik ist zu leiwand fürs Radio!”
Nathan Trent: “Billie Eilish hat das Game revolutioniert!”
Cordula-Grün-Held Josh.: “Gig im Burgtheater wäre geil!”
Steve Hogarth: “Über John Lennon geht nichts!”
Nightwish: “Dem würde ich das Härteste geben.”
Prohaska über Musik: “Der Ambros ist mein größter Held!”
Hans Krankl: “Jeder Auftritt ist eine Heldentat!”
Alf Poier: “Mein halbes Leben war eine Heldentat!”
Alle Bilder: (c) Ulli Rauch
Der Wiener Journalist ist seit 2016 Musik-Ressortleiter bei heldenderfreizeit.com, schreibt für diverse Musikfachmedien wie Stark!Strom berichtet dabei über Konzerte, Neuerscheinungen, führt Interviews und erstellt Besten- und Playlisten zu den Top-Liedern von Musikstars.