Wie geht es weiter nach dem Happy End? Natürlich mit Krisen, Konkurrenten in der Liebe und vielleicht nicht/vielleicht doch Trennungen. Auch die Fortsetzung von Netflix’ The Kissing Booth macht da keine Ausnahme. Lohnt es sich trotzdem? Lest selbst.
von Susanne Gottlieb
24. Juli 2020: Netflix hat sich in den letzten Jahren zu einem Sammelplatz für hippe Liebeskomödien entwickelt. Ein Refugium für ein Genre, das viele schon totgesagt hatten. Eine dieser Hits, den der Streamingdienst wie vom Fließband auf die Plattform haute, war im Jahr 2018 The Kissing Booth. Ebenfalls basierend auf einer Buchreihe wie das etwa zeitgleich populäre To All The Boys I Loved Before (hier unsere Kritik zu Teil 1 und hier zu Teil 2), ein Garant für Sequels und junge weibliche Zugriffzahlen. Dass die Kritiken für den ersten Film nur mittelmäßig waren, fällt da nicht so ins Gewicht. Macht es Kissing Booth 2 nun besser? Naja….
Endlich haben sich Elle (Joey King) und Noah (Jacob Elordi) bekommen. Selbst Elles bester Freund und Noahs kleiner Bruder Lee (Joel Courtney) hat seinen Segen gegeben, und eigentlich sollte dem Glück nichts mehr im Wege stehen. Doch Noah war schon im ersten Teil mit halbem Fuß quer durch die USA an der anderen Küste. Während Elle in L.A. ist, hat er ein Studium in Havard an der Ostküste begonnen.
Den Schwierigkeiten zum Trotz wollen beide es mit einer Fernbeziehung versuchen. Aber das ist leichter gesagt als getan. Noahs neue Freunde scheinen ja nett, aber da ist dann doch die umwerfende, mit Modelmaßen gesegnete Chloe (Maisie Richardson-Sellers), die sehr eng mit Noah zu sein scheint. Grund genug für Elle Minderwertigkeitskomplexe und Eifersucht zu entwicklen.
Aber auch sie selber merkt, dass sie und ihr neuer Mitschüler Marco (Taylor Perez) einen ganz besonderen Draht zueinander haben. Und ihr bester Freund Lee hat Stress mit seiner Freundin Rachel (Meganne Young), da diese sich neben der einsamen Elle, die nun umso mehr an Lee hängt, immer mehr wie ein drittes Rad am Wagen fühlt.
Kissing Booth in name only – die alles in bewegende setzende Namensgeberin hat in diesem Film nur mehr wenig zur Handlung beizutragen. The Kissing Booth 2 folgt den üblichen Mustern des “happily ever after but…”. Verwirrungen entstehen, Anschuldigungen, heimliche Gefühle. Hier wird noch mal kräftig durchgemischt, bevor die sowieso schon seit Teil 1 vorgegebenen Paare wieder zueinanderfinden.
Ein Punkt, der vielen Kritikern schon im ersten Teil sauer aufstieß war, dass Noah eine toxische Dominanz über Elle etablierte, es dem Rest der Schule verbot sie zu daten bevor die beiden sich überhaupt nahe kamen und gern auch mal handgreiflich wurde. Das ist nicht Romantik und hätte auch in keine Teenager-Komödie gehört, die ja irgendwie doch versuchen ein paar Lebensweisheiten zu vermitteln.
In Teil 2 ist Noah schon etwas handzahmer, aber dafür darf hier Elle gewisse Aktionen setzen, die nicht zufriedenstellend aufgelöst werden. Jeder kennt Teenager-Eifersucht, den Zweifel am eigenen Wert und den vergeblichen Versuch, es allen recht zu machen. Doch der Film flirtet im Entwirren seiner Konflikte sowohl mit ihrer naiven Weltsicht als auch mit geerdeten moralischen Lektionen. “Deine Eifersucht ist dumm”, flüstert er leise zwischen den Bildern, “aber irgendwie hast du ja doch recht”.
Darunter leiden müssen vor allem Neuzugänge wie Marco und Chloe, die die Handlung sich so zurechtbiegt, wie sie es gerade braucht. Hier ein Bösewicht, da das emotionale Gegengewicht, die Stimme der Vernunft. So wie der erste To All The Boys I Loved Before geschickt mit den Konventionen des Genres spielte, so verfahren ist hingegen diese Filmreihe in ihre althergebrachten Muster. Dass Noah möglicherweise fremd geht, wird ihm ohne Beweise mit der Begründung zu Füßen geworfen, er habe ja einen Draufgängerruf von früher. Einmal Lebemann immer Lebemann. Irgendwie beleidigend.
Ansonsten bietet The Kissing Booth 2 wieder bunte, ausgeflippte Unterhaltung an einer viel zu geschniegelten High School, vollgepackt mit wandelnden Schüler Stereotypen, perfekt koordinierten Outfits, viel Freizeit und den obligatorischen Bewerbungen an reinen Ivy League Colleges. Nicht gerade innovativ, aber altbekannt, vertraut und daher auch durchaus unterhaltsam.
Der Pepp ist vor allem dem Cast rund um Joey King zu verdanken, die mit ihrem Charme dem Ganzen wieder ordentlich Leben einbläst. Es macht Spaß ihr und Courtney zuzuschauen, wie sie sich gegenseitig den Ball zuspielen und die Filmreihe wäre wohl nur halb so erträglich ohne die Chemie seiner beiden Hauptdarsteller.
The Kissing Booth 2 ist nicht perfekt und ist in seiner Konfliktlösung oft geradezu ärgerlich, garantiert aber kurzweilige Unterhaltung für alle, die ein bisschen Romantik im Filmprogramm suchen.
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Alle Fotos: (c) Netflix
Susanne Gottlieb schreibt als Filmjournalistin für die Helden der Freizeit, Kleine Zeitung, NZZ, Standard, TV Media, Filmbulletin, Cineuropa und viele mehr. Sie arbeitet im Filmarchiv Austria, berichtet von diversen Filmfestivals und hat Theater-, Film- und Medienwissenschaft studiert.