Der Drogenhandel ruht nicht. In der zweiten Staffel der deutschen Netflix Serie How To Sell Drugs Online (Fast) müssen sich die Burschen mit immer mehr fordernden Geschäftspartnern, neuer Konkurrenz aber auch typischen Teenie-Problemen herumschlagen. Ob die Serie hier an die unterhaltsame erste Staffel anknüpfen kann, lest ihr hier.
von Susanne Gottlieb
20. Juli 2020: Jugendliche, die online Drogen verticken – was wie ein Möchtegern Scarface klingt, entpuppte sich 2019 als stilvoll-peppige Persiflage auf das Genre und die Digital Native Jugendkultur. Die Macher begeisterten mit einem Gespür für die realistische Dialoge, flott geschnittenen Erklärvideos, um „der älteren Generation“ ein paar Trends und Dinge klarzumachen und sogar einem Gastauftritt von Jonathan Frakes in einer X-Factor Spoof Sequenz.
In einem ähnlichen Ton wird dieses Jugend-Drogenimperium nun in der zweiten Staffel weitergesponnen. Diese startet morgen (am 21. Juli) auf Netflix. Doch ungleich seiner ersten Inkarnation hat die Fortsetzung wenig zu erzählen und springt in Ton und Charakterisierung zu viele Haken. In unserer Review erfährst du mehr.
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How to sell drugs online (fast) – Staffel 2
Das Team des Online Drogenshops MyDrugs rund um Moritz (Maximilian Mundt), Lenny (Danilo Kamperidis) und Dan (Damian Hardung) steht gut da. Der Handel fließt, die Reviews sind gut und die erste Million bereits am Konto. Doch so richtig will man dann doch nicht in die Szene abgleiten und daher soll Moritz beim Termin mit den Investoren in Rotterdam den Ausstieg verkünden. Moritz, der zwar hervorragende Führungskräfte besitzt, aber kein Rückgrat, lässt sich von den Geschäftspartnern einschüchtern und erzählt seinem Team, sie müssten weitermachen, weil die Holländer sie sonst umbringen.
Doch dieser angebliche Druck schnell 15 Millionen Euro zu erwirtschaften ist nicht alles. Die Familie von Staffel 1 Drogendealer Buba, an dessen Tod die Burschen nicht ganz unschuldig waren, sucht nach den Schuldigen. Moritz Freundin Lisa (Lena Klenke) kommt seinem Geheimnis gefährlicherweise immer näher. Lennys neue Freundin Kira (Lena Urzendowsky), ebenfalls eine Hackerin, scheint mit gezinkten Karten zu spielen. Doch am allerschlimmsten – auch die drei MyDrugs Mitglieder beginnen sich immer mehr in gegenseitigen Auseinandersetzungen zu versteifen. Die Zukunft des Business steht auf dem Spiel.
Wer bereits den frechen Stil von Staffel 1 mochte, wird auch den Ton der zweiten mögen. Die bunten Sequenz-Inserts, das Brechen der vierten Wand, die Meta-Gags sind alle durchaus noch vorhanden. Sie wirken nur an manchen Stellen bereits etwas ausgelaugt und eigennützig.
Die Serie ist trotz seiner kurzen Episodenzahl von sechs Stück ein weiteres Exempel dafür, dass die Macher oft nicht zu genau wissen, wo sie mit ihrer Geschichte hinwollen. Der Auftakt ist gelungen, aber vier von sechs Folgen verblödeln die Burschen mit Teenie-Standarddrama wie ersten Sex, Egotrips und Maturastress. Das ist zwar einer normalen Jugendexistenz nicht abtrünnig, aber irgendwie bleibt der Drogenplot bis zum Schluss etwas auf der Strecke.
Das führt dann auch dazu, dass die Figurenzeichnung etwas wackelhaft bleibt. Die Serie ist sich nie sicher, ob die Charaktere nun ein wandelndes komödiantisches Klischee sind oder eine seriöse Gefahr. Sie optiert zunächst standardmäßig für ersteres und kann dann bei Bedarf zweiteres nicht mehr so wirklich verkaufen.
Aber auch die eigenen Protagonisten leiden unter der Unschlüssigkeit des Skripts. Protagonist Moritz, schon in der ersten Staffel ein selbstgerechter Business-Tyrann und selbsterklärtes Lebe-Opfer, verliert hier den Funken Mitgefühl, den er in der letzten Inkarnation noch entfachen konnte. Auch wenn nicht unbedingt sympathisch, man fühlte mit dem Jungen, der einfach nur seine Freundin zurückgewinnen will.
Diesmal hingegen scheint der junge Mann rigoros eine falsche Entscheidung nach der anderen zu treffen und eigentlich nur mehr ein gröberer Unsympathler im eigenen Umfeld zu sein. Positiv hervor tritt hingegen Dan, der aber auch nur als ein Abziehbild des Klischees „mittel intelligenter, gut aussehender Jock mit schwierigem Elternhaus“ daherkommt. Den meisten frischen Wind bringen Lennys Freundin Kira und Bubas „Albanerfamilie“ in die Sache. Doch sie spielen nur in die Hände der Kerntruppe, sie bestimmen die Handlung nicht.
How To Sell Drugs Online (Fast) ist ein weiteres Beispiel dafür, dass eine Serie nach Staffel 1 oft nicht mehr so genau weiß, wohin mit sich selbst. Das ist schade. Trotzdem bietet auch die Fortsetzung durchaus akzeptable kurzweilige Unterhaltung.
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Alle Fotos: (c) Netflix
Susanne Gottlieb schreibt als Filmjournalistin für die Helden der Freizeit, Kleine Zeitung, NZZ, Standard, TV Media, Filmbulletin, Cineuropa und viele mehr. Sie arbeitet im Filmarchiv Austria, berichtet von diversen Filmfestivals und hat Theater-, Film- und Medienwissenschaft studiert.