Jazz-Klänge in Paris. Ein ehemaliger New Yorker Jazzpianist (André Holland) betreibt den Club The Eddy, und muss sich mit Geldproblemen, einer Teenagertochter und kriminellen Machenschaften auseinandersetzen. Die Serie von Jack Thorne und Musikfilm-Erfolgsregisseur Damien Chazelle (La La Land, Whiplash) ist ein gelungenes Stück Netflix-Unterhaltung.
von Susanne Gottlieb
7. Mai 2020: Normalerweise erwartet man sich ja von einer amerikanischen Serie in Paris Touristenklischees und Postkartenmotive. Damit bricht das Musical-Drama gleich von Beginn weg. Thorne und Chazelle haben eine Liebesgeschichte an die Stadt, an die Musik, an die Künstler geschaffen, die nicht von Idealisierung und Romantisierung lebt. Ihre Welt ist roh, schmutzig, wirkt darin gelebt und ist in den weniger glamourösen Ecken der Stadt angesiedelt. Die Figuren kommen aus den verschiedensten Ecken der Welt, sprechen meist auf Französisch und doch die gemeinsame Sprache der Musik. Sie lassen sich treiben, oder versuchen ihre Probleme zu bewältigen. Es wirkt, als würde man durchs Schlüsselloch auf andere blicken.
Am 8. Mai startet die erste Staffel – lest heute schon in unserem Review, für wen sich das Reinschauen lohnt.
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Elliot (Holland), ein amerikanischer Jazzpianist, versucht in Paris seinen Dämonen zu entkommen. Seit dem Tod seines Sohnes ist er nicht mehr in der Lage selbst auf der Bühne zu stehen. Gemeinsam mit seinem besten Freund Farid (Tahar Rahim) managt er die finanziell strauchelnde Bar “The Eddy” und die Band, die dort regelmässig auftritt (dargestellt von den Musikern Randy Kerber, Ludovic Louis, Lada Obradovic, Jowee Omicil und Damian Nueva Cortes, sowie Schauspielerin Joanna Kulig).
Als seine 16-jährige Tochter Julie (Amandla Stenberg) vor seiner Tür steht, fangen die Probleme erst richtig an. Der aufgewühlte Teenager soll beim Vater leben, der mit der Aufgabe nicht immer gewachsen ist. Und dann ist da noch Elliots Geschäftspartner Farid, der in illegale Machenschaften verwickelt ist und dafür den Preis zahlen muss. Doch die Gangster machen nicht bei ihm Halt und bald findet sich auch Elliot mit kriminellen Bedrohungen und polizeilichen Ermittlungen konfrontiert.
Obwohl die Serie genug Zündstoff für einen guten Hollywood Blockbuster bietet, übernimmt das Drama nie die volle Kontrolle über die Handlung. Im Zentrum steht immer noch die Musik. Jede Folge ist nach einem Charakter benannt und konzentriert sich auf dessen Geschichte. Zum Beispiel Farids Frau Amira (Leïla Bekhti), die sich nach seinem Tod für sich und ihre Kinder eine neue Zukunft aufbauen muss. Bassist Jude (Damian Nueva Cortes) trifft endlich clean seine ehemalige große Liebe. Die will aber jemanden anderen heiraten. Sängerin Maja (Kulig) evaluiert ihr Leben als ihr eine Tournee mit einem berühmten Sänger angeboten wird.
Immer wieder eingeflochten in diese Handlungen sind Konzerte und Jam Sessions. Thorne und Chazelle haben sich auch dazu entschieden keinen einzigen Jazz-Klassiker zu spielen. Die Musik wurde komplett von dem sechsfachen Grammy Gewinner Glen Ballard komponiert und funktioniert wie ein eigener Charakter. Sie nimmt sich den Raum und stoppt bei Bedarf auch das Tempo der Serie. Dabei darf man sich aber auch nicht die klassischen stilisierten Chazelle-Musical-Einlagen erwarten. Kein Tanzen auf dem Highway oder intensive Schlagzeugsessions. Die Musik ist roh, emotional und entfaltet sich meist auf einer mickrig beleuchteten Bühne.
Der multikulturelle Cast erlaubt es der Serie auch, sich mit Themen wie Vorurteilen und gesellschaftlicher Vielfalt auseinanderzusetzen. Muslimische Beerdigungen, Rassismus und das facettenreiche musikalische Erbe fließen in die Handlung ein. The Eddy hinterfragt so geschickt gesellschaftliche Konventionen wie sie tolle Musik und gute Unterhaltung liefert.
The Eddy ist ein großartiger Einstieg in die Welt des Jazz und eine mehr geerdete Alternative zu den Hochglanzdramen, die Netflix sonst so bietet. Paris, wie man es sonst selten zu sehen bekommt.
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Susanne Gottlieb schreibt als Filmjournalistin für die Helden der Freizeit, Kleine Zeitung, NZZ, Standard, TV Media, Filmbulletin, Cineuropa und viele mehr. Sie arbeitet im Filmarchiv Austria, berichtet von diversen Filmfestivals und hat Theater-, Film- und Medienwissenschaft studiert.