Top und Flop! Wenn Österreich beim Song Contest mitmacht wird es kultig. Die Highlights. Plus: Wie Alf Poier und Lukas Plöchl heute ihren Auftritt als ESC-Teilnehmer bewerten.
von Patrick Meerwald
Dieses Jahr hat Österreich wieder einen spannenden Beitrag beim ESC – hier die Favoriten Songs 2022. Aber was waren die bisherigen Highlights unter unseren Teilnehmern? Die Helden der Freizeit für dich einen ultimativen Überblick mit den urigsten, besten und schlechtesten Auftritten von Österreich beim Song Contest.
Sensationelle Platzierungen treffen auf Null-Nummern, wackelnde Hinterteile auf Frauen mit Bart. Das sind die denkwürdigsten Auftritte:
Die Riege der Höhepunkte läuten wir mit den Musikern ein, die den Sieg nach Hause tragen konnten oder sonst sehr erfolgreich abschnitten. Der große Udo Jürgens war eine Klasse für sich: 1964 trat er mit dem Lied Warum nur, warum erstmals an und schaffte sofort mit Platz sechs ein respektables Ergebnis. 1965 legte er mit Sag ihr, ich lass sie grüßen einen vierten Platz nach.
Umso beachtlicher: In dieser Ausscheidung traten statt davor elf, mittlerweile 18 Nationen an. Die Krönung mit dem Sieg folgte dann 1966 mit der Nummer Merci, Cherie.
48 Jahre später folgte der zweite österreichische Triumph: Conchita Wurst, alias Tom Neuwirth. Angefangen damit, dass der ORF nach Absage der großen Labels den Titel selbst veröffentlichte, bis zum sehr polarisierenden äußeren Erscheinungsbild einer Frau mit Bart, war Wurst schon vor dem Semifinale in aller Munde. Was folgte war ein beispielloser Siegeszug: Sowohl im Halbfinale als auch im Finale landete Rise Like A Phoenix mit großem Abstand auf Platz eins.
Viele Image-Wandlungen später tritt Neuwirth seit dem letzten Jahr als TOM auf und hat seiner divenhaften Seite vorerst abgeschworen.
2018 konnte auch Cesar Sampson mit seinem dritten Rang gewaltig auf sich aufmerksam machen. Bei der internationalen Jury schaffte er es sogar genauso wie Conchita Wurst und Udo Jürgens auf den ersten Platz. Doch leider war das Publikum nicht ganz so begeistert von Nobody like you. Trotzdem landete Sampson im Endklassement am tollen dritten Platz.
Weitere starke Platzierungen holten Waterloo und Robinson im Jahr 1976 genauso wie Liane Augustin 1958 und Milestones 1972, die jeweils den starken fünften Platz erreichten.
Leider gab es auch den einen oder anderen Auftritt von Österreich, der nicht unbedingt als Ruhmesblatt in die Song Contest Annalen einging. Insgesamt viermal erhielten die heimischen Performances 0 Punkte.
1971 nahm die von der Kabarettgröße Gerhard Bronner entdeckte Marianne Mendt teil. Ihr Beitrag Musik schaffte es nur auf Rang 16 (von 18) im Klassement. Auf nationaler Ebene schlug sich die Wienerin weit erfolgreicher. Bis heute gilt das 1970 releaste Wia a Glockn als einer der wichtigsten österreichischen Popsongs.
Erfolg und Misserfolg, beide Seiten kennt Thomas Forstner bestens. 1989 schaffte er bei seinem Debüt-Auftritt 1989 mit Ich singe nur ein Lied den starken fünften Platz. Zwei Jahre später wollte er es noch einmal wissen und landete ohne einen einzigen Punkt am letzten Rang. Da stand er mit Venedig so ziemlich im Regen. Heute hat Forstner weniger mit Musik zu tun. Hauptberuflich ist er in der Software-Entwicklung unterwegs. Für Anzug, Make up und 3-Wetter-Taft-Matte gibt es von uns auf jeden Fall 12 Punkte:
Ein weiterer Nuller geht auf das Konto von The Makemakes, die 2015 beim Heimspiel ein Jahr nach Conchita Wursts großem Sieg nicht einen Punkt holen konnten und dadurch zu den am schlechtesten bewerteten Songs von Österreich beim Song Contest zählen. Da half der Special-Effect eines brennenden Pianos leider wenig. Und so schlecht war das Lied eigentlich gar nicht. Aber die Band nahm es mit Humor.
Der Eurovision Song Contest Event ist bis heute reich an bunten, crazy, bis zu skurrilen Performances. Österreich hat da auch den einen oder anderen im Talon.
Unvergesslich bleiben die Schmetterlinge 1977 mit ihrem Lied Boom Boom Boomerang. Das bekannteste Mitglied der Truppe war niemand geringer als Willi Resetarits. Getextet hat den Song sein Bruder Lukas als satirischen Beitrag zur damaligen Plattenindustrie. Trotz geballter heimischer Prominenz landete die Band auf Rang 17, dem vorletzten Platz.
Erfolgreich und skurril gab es aber aus österreichischer Sicht genauso. Alf Poier schaffte es 2003 mit Weil der Mensch zählt auf Platz sechs des Rankings, was damals Österreichs beste Platzierung beim Song Contest seit 1989 (Thomas Forstner) war. Sein Lied: eine bildgewaltige Parodie auf das Popmusik-Geschäft. Im Exklusiv-Interview mit uns sagt Alf Poier, dass er seinen legendären Auftritt selber nicht unbedingt in die Kategorie “heldenhaft” ablegen würde: “Eine große Heldentat war das nicht. Wir hatten ja einige Lieder zur Auswahl. Wir haben bewusst das Schlechteste genommen.”
Ein besondere Ladung Skurrilität lieferten auch die Trackshittaz 2012. Ihr Lied Wocki mit deim Popo war schon textlich absolut speziell. Doch die Show dazu mit neon-beleuchteten Hinterteilen, knapp bekleideten Tänzerinnen, die sich im Hintergrund auf Stripstangen räkelten, setzte noch einen drauf. Dieser spezielle Auftritt reichte leider nicht für den Finaleinzug.
Das negativste Highlight folgte aber noch während Lukas Plöchl und Manuel Hoffelner on Stage waren. Hoffelner machte beim Shaken eine falsche Bewegung und riss sich dabei das Kreuzband. Übrigens: Bevor es zum Song Contest für das Duo ging, setzten sie sich bei der heimischen Ausscheidung gegen eine gewisse Conchita Wurst durch. Plöchl hat sich inzwischen als Wendja neu positioniert. Zuletzt hat er eine starke Nummer zur Ausgangssperre produziert, die es in unsere Charts der besten Quarantäne-Songs geschafft hat.
Den Helden der Freizeit erzählt Plöchl, wie speziell die ESC-Erfahrung war: “Für uns der Sprung ins kälteste Wasser, das wir je erlebt haben. Da bin ich froh, dass ich da durchgegangen bin. Vor 25.000 Leuten und 20 Millionen vor den Bildschirmen spielt man nicht so oft.” Zum damaligen Lied: “Ich stehe zu allem, ich stehe aber nicht hinter allem. Ich schreibe heute andere Songs. Das alte und das neue hat Platz in mir. Wocki mit deim Popo ist nur eine kleine Seite von mir, die draus entspringt, dass ich auch gerne kabarettistische, sarkastische Sachen mache – das ist vielleicht nicht ganz rübergekommen.” Sein ganzes Statement findest du als Video hier auf unserer Instagram-Seite.
Das ist freilich nicht der einzige unvergessliche Auftritt, den Österreich als ESC-Teilnehmer lieferte:
Sogar Mister Biene Maja Karel Gott trat 1968 einmal für Österreich beim Song Contest an. Er ergatterte zwar nur zwei Punkte, landete aber auf dem 13. von 18 Plätzen. Generell bleibt das Jahr eine ganz prägende Erinnerung. Die Show fand in der Royal Albert Hall statt und war die erste, die es in Farbe zu sehen gab.
Simone brachte 1990 ein Jahr nach dem Mauerfall den passenden Song Keine Mauern Mehr. Mit diesem Lied als Sprungbrett startete sie ihre Schlagergesang- und Schauspielkarriere. Heute tourt sie zusammen mit Charly Brunner. Überhaupt markiert sie eine Zeit, in der der Schlager bei unseren ESC Teilnehmern ganz klar das dominierende Genre war:
Toni Wegas wurde 1992 mit Zusammen gehen 10. von 23 und 1993 mit Maria Magdalena 14. Platz von 25. Wegas (bürgerlich: Anton Hans Sarközi) bekam das Rampenlicht leider weniger gut. Nach dem Song Contest verfiel er den Drogen und landete sogar im Gefängnis. Von schweren Rückschlägen gebeutelt rappelte er sich aber immer wieder auf und war zuletzt sogar Star einer Theaterproduktion: Caruso – I did it my Wegas.
Bei den Helden der Freizeit versorgen wir dich mit besten Musik-Empfehlungen. Von brandneuer österreichischer Musik bis zu Rankings, die die Laune bessern:
Neue Alben aus Österreich: Die besten Releases im Frühling
20 Gute Laune Songs, die dir ein Lächeln ins Gesicht zaubern
Aufmacher: (c) Creative Commons CC BY-SA 3.0, (c) Helden der Freizeit
Der Wiener Journalist ist seit 2016 Musik-Ressortleiter bei heldenderfreizeit.com, schreibt für diverse Musikfachmedien wie Stark!Strom berichtet dabei über Konzerte, Neuerscheinungen, führt Interviews und erstellt Besten- und Playlisten zu den Top-Liedern von Musikstars.