Wilde Action in Asien. Chris Hemsworth ballert sich in Tyler Rake: Extraction quer durch die Straßen von Bangladesch. Der von Avengers: Endgame Regisseur Joe Russo geschriebene Netflix-Film ist ein unkomplizierter Spaß, der aber manchmal eine Atempause gut gebrauchen hätte können.
von Susanne Gottlieb
22. April 2020: Nicht genug Action? Keine Blockbuster im Kino? Netflix schafft Abhilfe. Mit seinem Chris Hemsworth Vehikel Extraction knüpft es dort an, wo sinnbefreite, adrenalingeladene Unterhaltung vor einem Monat unterbrochen wurde. Hemsworth, nach fast zehn Jahren MCU ein gefestigter Actionstar, schwingt sich diesmal in seinem Spektrum von „badass-kitschig“ seiner Thor-Tage zu „badass-verletzt“ und klappert dabei die üblichen Genre-Klischees ab. Macht nichts. Für kurzweilige Unterhaltung in der Quarantäne ist der Film ideal.
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Der junge Ovi (Rudhraksh Jaiswal), Sohn eines Gangsters aus Dehli, wird von Handlagern des Rivalen seines Vaters, Amir Asif (Priyanshu Painyulli) nach Dhaka in Bangladesch verschleppt. Da Ovis Vater im Gefängnis ist, muss sich seine rechte Hand Saju (Randeep Hooda) um dessen Rettung kümmern. Er engagiert ein professionelles Söldnerteam rund um die einheimische Nik Khan (Golshifteh Farahani) und den depressiven Tyler Rake (Chris Hemsworth).
Zunächst scheint alles gut zu gehen und Tyler kann Ovi befreien. Aber Amir ist mächtiger als gedacht und bald steht die ganze Stadt mithilfe des Militärs unter Lockdown. Tyler muss sich alter Freunde (David Harbour) und seiner Überlebenstaktiken bedienen, um den Jungen da herauszubekommen.
Gleich vorweg – wirklich viel zu kritisieren gibt es hier nicht. Extraction ist einer jener sinnbefreiten Actionknaller, die man eigentlich nur aufgrund ihres Unterhaltungswerts beurteilen kann oder nicht. Die Handlung und die Figuren halten sich sklavisch an vorangegangene Filme, die Überraschungen sind schon ziemlich früh offensichtlich. Aber das macht nichts, Extraction gibt sich diesen Rahmenbedingungen sehr genüsslich hin. Das Umschlagen der Loyalität, der traumatische Verlust von Familienangehörigen in der Vergangenheit, das vernachlässigte Kind, die dekadenten Dialoge: für einen Film, der das Rad nicht neu erfinden will und trotzdem stehts auf 180 ist, passend umgesetzt.
Auch wenn der Film vom (weißen) Hollywoodstar Chris Hemsworth getragen wird, macht Extraction aber etwas, was man sonst nicht allzu oft sieht und was vor allem nach dem Parasite Oscarabend ein neuer Standard werden könnte. Bis auf Hemsworth und Harbour sind alle Charaktere kleinasiatischer Herkunft. Der Film spielt fast ausschließlich in Indien und Bangladesch. Zudem werden die Figuren nicht durch banale Tricks von ihrer Muttersprache ins Englische umgelenkt. Ein Gutteil der Handlung ist in Hindi und Bengali. Als Zuschauer muss man Untertitel lesen. Das erhöht nicht nur das Gefühl von Authentizität, sondern lässt diese Welt gleich viel seriöser erscheinen. Es scheint in diesem Department langsam wirklich ein Umdenken zu geben.
Woran der Film jedoch kränkelt ist seine niemals stoppen wollende Hektik. Fast wie in einem Computerspiel, in dem man von Ballerquest zu Ballerquest hüpft, muss Tyler sich von Situation zu Situation rausschießen. Das macht die ersten 20 Minuten noch Spaß, wird dann aber irgendwann etwas ermüdend. Gegen Mitte des Films wird er etwas entschleunigt, um notgedrungen endlich die Figuren etwas zu entwickeln. Generell muss man aber sagen, fehlt ihm manchmal die Substanz, um das ganze Geballer zusammenzuhalten.
Tyler Rake: Extraction ist gute Popcornunterhaltung. Kurzweilig und voller Action, aber auch schnell wieder vergessen.
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Fotos: © Netflix
Susanne Gottlieb schreibt als Filmjournalistin für die Helden der Freizeit, Kleine Zeitung, NZZ, Standard, TV Media, Filmbulletin, Cineuropa und viele mehr. Sie arbeitet im Filmarchiv Austria, berichtet von diversen Filmfestivals und hat Theater-, Film- und Medienwissenschaft studiert.