Immer noch befinden wir uns im Zeitalter des Hero-Shooters (2016-heute). Ein Entwicklerstudio nach dem anderen versucht sich an dem Genre, um den aktuellen König (Overwatch) vom Thron zu stoßen. Dieses Mal ist Ninja Theory in Kooperation mit Microsoft mit Bleeding Edge am Start.
13. April 2020: Was bekommt man, wenn sich die Singleplayer-Experten von Ninja Theory an das Hero-Shooter Genre wagen? Mit Bleeding Edge ist nun die Antwort da und wir verraten euch in unserem Test, ob das Spiel sich in seinem umkämpften Feld behaupten kann.
Bleeding Edge hat keinen Plot. Es gibt überhaupt keinen Singleplayer Modus, wie es sich scheinbar für das Genre gehört. Das ist auch nicht weiter schlimm, solange der Multiplayer-Modus richtig Spaß macht, genug Spieler auf den Servern sind und das Ganze genug Abwechslung bietet.
Betreffend Charakterdesign haben Ninja Theory so richtig den Farbeimer ausgeschüttet. Quer durch die Bank bietet das Spiel verrückte, bunte Figuren mit kreativen Fähigkeiten und absurder Gestalt. Leider wird daraus kein echtes Ganzes. Es wirkt, als habe man einfach jede erstbeste Idee auch gleich umgesetzt, solange sie absurd genug ist. Da gibt es einen muskulösen Samoaner mit Kinderstimme, eine Großmutter in einem Sci-Fi Anzug, die an einem Ballon hängt, einen Mann mit Tentakelarm und Nadelstreifenanzug etc. Das ist witzig und fällt auf, lässt aber kein Identifikationsgefühl aufkommen, zumal nicht einmal eine gemeinsame Spielwelt suggeriert wird. Nicht alles, was cool und modern ist, passt auch zusammen.
Was ist nun eigentlich der Inhalt des Spiels? Multiplayer-Matches mit fünf gegen fünf Spielern. Die 11 spielbaren Charaktere teilen sich in Healer, Tanks und Damage-Dealer auf. Klassische Multiplayer Rollen also. Das Ziel jedes Matches ist es, Punkte zu sammeln, bis eines der beiden Teams die zum Sieg notwendige Menge erreicht. Wieviele Punkte es braucht, kommt auf den Spielmodus an – Objective Control oder Power Collection. Beim ersten Modus gilt es, drei verschiedene Bereiche zu erobern, die dem Team dann stetig Punkte geben. Beim anderen müssen Batterien gesammelt und an einem bestimmten Ort abgeliefert werden.
In beiden Modi bekommt man auch Punkte für das Töten gegnerischer Spieler. Relativ simpel also. Komplexität soll aus den Teamkompositionen kommen und durch die taktische Überlegung, ob man eher auf die Jagd nach Spielern geht oder sich lieber um die Objectives kämpft.
In der Praxis spielt sich das recht unterhaltsam. Beide Varianten können zum Sieg führen. Die Charaktere spielen sich angenehm unterschiedlich und scheinen untereinander gut ausbalanciert zu sein. Dem Geschehen folgen die Spieler aus der Schulterperspektive. Das sorgt für genügend Überblick. Die Fähigkeiten der Charaktere sind allesamt kreativ und befriedigend, sofern man sie richtig einsetzt, was nicht immer leicht ist.
Ein Manko ist aber die Trägheit der Charaktere. Man bewegt sich in Bleeding Edge recht langsam und soll mithilfe der Boostfunktion ausweichen. Außerdem können Angriffe auch geblockt werden. Es leuchtet ein, dass die Grundlangsamkeit der Charaktere dazu gedacht ist, einen dazu zu motivieren, diese Sachen zu meistern, anstatt einfach wild herum zu laufen. Aber praktisch führt es eher dazu, dass sich das Geschehen manchmal wie in Zeitlupe anfühlt.
Elf spielbare Charaktere, zwei Spielmodi, eine handvoll Maps. Das ist Bleeding Edge. Der Content ist also ziemlich dünn gesäht. Wenn man nicht restlos davon begeistert ist, gibt es nichts Anderes zu entdecken. Ein Storymodus hätte der Sache schon sehr gut getan. Die Spielmechaniken würden sich sehr gut eignen, zumindest eine kurze Handlung zu erzählen, uns die Charaktere ein wenig nahe zu bringen und eine gewisse Verbindung zum Spiel aufzubauen. Auch über mehr Maps und Modi würden wir uns nicht beklagen.
Bleeding Edge ist weniger ein Hero-Shooter als vielmehr ein Hero-Brawler. Das Spiel hat viel Potential, das es aber ein wenig mit seinem konfusen Design und dem dünnen Inhalt verspielt. Das soll nicht heißen, dass es keinen Spaß macht. Die Matches machen richtig Laune und auch das grundsätzliche Konzept ist meist sehr spannend. Schlussendlich ist es aber zu wenig, um ein richtig gutes Spiel zu sein. Bleeding Edge ist durch und durch okay. Leider nicht mehr.
Bleeding Edge ist seit 24. März um 29,99€ für PC und Xbox One erhältlich
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Alle Fotos (c) Ninja Theory, Microsoft Game Studios
Peter Huemer stellt bei den Helden der Freizeit jedes Monat in "Peters Buchtipp" ein außergewöhnliches Werk vor. Außerdem schreibt er bei uns über Games, Kino und Streaming. Der Freie Schriftsteller hat vergleichende Literaturwissenschaft studiert und arbeitet auch als Lektor, Korrektor und Übersetzer.