2011 starb Bruce Springsteens Saxophonist und Freund Clarence Clemons. Die Biographie des Big Man wirft nur so mit Mythen um sich.
von Christian Orou
Über Bruce Springsteen wurden schon viele Artikel und Bücher verfasst, die seine Karriere und sein Leben beleuchten – zum Beispiel auch unsere Bruce Springsteen Top10. Darin kommen die Mitglieder der E-Street-Band meist über Nebenrollen kaum hinaus. In der 2015 auf Deutsch erschienenen Biographie Big Man steht ein langjähriger Begleiter des Bosses im Mittelpunkt: Der 2011 an den Folgen eines Schlaganfalles verstorbene Saxophonist Clarence Clemons.
Morgen jährt sich Clemons Tod zum sechsten Mal. Grund genug einen genaueren Blick auf dieses Werk über den Mann an Springsteens Seite zu werfen. Immerhin war er laut Springsteen der Kerl, der die Band nicht nur wegen seiner optischen Präsenz – er wollte zunächst Football-Profi werden – mit seiner Energie in neue Sphären hievte.
Clemons erzählt in seiner Biographie, die er gemeinsam mit dem Produzenten Don Reo verfasste, vor allem Geschichten. So wird das Buch zu einer Abfolge von kurzen Storys, die, wenn sie nicht wahr sein sollten, zumindest gut erfunden sind. Zum Beispiel jene, in der Clemons anstatt einer Spielzeugeisenbahn ein Saxophon zu Weihnachten geschenkt bekam. Oder jene von seiner ersten Liebe.
Schon im Vorwort erklären die beiden Autoren den Leserinnen und Lesern, dass sie nicht unbedingt der Wahrheit verpflichtet sind. Die Storys sind wie Songs: verdichtete Erinnerungen, die, Blitzlichtern gleich, kurze Momente im Leben des Saxophonisten beleuchten. So unterschiedlich diese Geschichten sind, so verschieden sind auch deren Formen. Clemens und Reo wechseln vom Dialog zur Erzählung, zum Prosatext und wieder zurück.
Über Clemons Leben vor seiner Karriere als Musiker erfährt man wenig. Hier ein wenig Football, da ein bisschen Sozialarbeit und natürlich die Geschichte vom ersten Kuss. Es wird einem das Gefühl vermittelt, sein Leben begann erst zu jenem Zeitpunkt, an dem er sein erstes Saxophon erwarb. Ab diesem Zeitpunkt wird kaum ein Mythos ausgelassen: die erste Begegnung mit dem Boss, die Namensfindung der E-Street-Band und viele andere spannende Annekdoten.
Neben den Mitgliedern der E-Street-Band haben auch andere Prominente einen Auftritt in dem Buch. So vertraut Robert De Niro dem Big Man ein Geheimnis an, das erst nach fünfundzwanzig Jahren gelüftet werden darf. Oder Clemons spielt mit Fidel Castro Pool-Billard, trifft Richard Brautigan, jammt mit Ringo Star. Und immer wieder steht er mit dem Boss auf der Bühne. Viele der Geschichten wirken wie Mythen und Legenden, aber wie Legenden haben sie vermutlich einen wahren Kern.
In Big Man – mein abenteuerliches Leben wird auch deutlich, dass Rock´n´Roll nicht nur eine ewige Party ist. Immer wieder spricht Clemons über die Strapazen des Tour-Lebens, die Schmerzen und die Überwindung, die es ihm kostete, jeden Abend die Bühne zu betreten. Clemons und Reo zeichnen die Karriere des Saxophonisten mit viel Liebe zum Detail nach. Die Reise beginnt bei den ersten Auftritten in kleinen Klubs in New York und endet bei der Halftime-Show der Superbowl XLIII 2009. Dazwischen liegen eine Unzahl an Storys, die nicht nur die Bühnenfigur vorstellen, sondern, die auch hinter die Maske blicken lassen und den Menschen Clarence Clemons sichtbar machen.
Wie man dieses Buch am Besten liest? Man legt eine alte Springsteen-CD (zum Beispiel Born to Run oder The River) in den Player, legt sich auf die Couch, beginnt die Lektüre. Und achtet nebenbei auf die Saxophonsolos.
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Titel: Big Man
Autor: Clarence Clemons (mit Don Reo)
Verlag: edel-Verlag, 2015
Seiten: 384
Preis: Etwa 20 Euro
Weitere Titel: Wer sich für die Musik von Clarence Clemons interessiert, dem ist das Gesamtwerk von Bruce Springsteen empfohlen, vor allem die LP Born to Run.
Fazit: Clemons und Reo zeichnen das Leben des Saxophonisten mit viel Liebe zum Detail nach. Sie blicken dabei auch hinter die Bühnenfigur und machen den Menschen Clemons sichtbar.
Beim Jazzfest Wien wird am 7. Juli der Zauber der E-Street-Band aufleben. Da tritt Gitarrist Little Steven in der Staatsoper auf. Diesmal ohne seinen Freund Clarence Clemons, aber mit vielen Erinnerungen an seinen Big Man.
Weitere tolle Musik-Geschichten findest du in unserer Hörer-Rubrik. Viel Spaß beim Stöbern!
Der Chefredakteur der Wiener Alszeilen verfasst für heldenderfreizeit.com Buch-, Musik- und Spiel-Rezensionen, ist Video-Redakteur von CU TV und schreibt für das Musikmagazin Stark!Strom. Dazu berichtet er von Konzerten, Sport- und anderen Kulturevents und führt Interviews mit Stars und spannenden Persönlichkeiten.