Der Imperator ist zurück. Im Finale der Disney Star Wars Trilogie bekommt es die Rebellentruppe rund um Rey, Finn und Poe mit einem alten Bekannten der Filmreihe zu tun. J.J. Abrams zieht mit Der Aufstieg Skywalkers alle Register der Actionkunst. Der Film, der sich an traditionelle Erzählstränge orientiert, bietet aber wenige Überraschungen und gerät letztendlich zu brav. Unser Review zu Star Wars 9.
19. Dezember 2019: Manche Legenden leben ewig. So auch die große Krieg der Sterne Saga, die 1977 unter der Regie von George Lucas ihren Einstand hatte und nun 2019 mit Episode IX und der dritten Trilogie, Spin-offs ausgenommen, erst einmal ihr vorläufiges Ende findet. Die Skywalkers dürfen in ihre vollverdiente Pension gehen, das Imperium wird (vorerst) das letzte Mal gestürzt, der Kampf Jedi gegen Sith geht in eine letzte Runde.
Gerade im Kino gestartet, erfahrt ihr bei uns, ob Star Wars 9 ein würdiges Finale der Serie ist. Und wem der Sinn nach weniger Laserwaffen in einem Kriegsfilm steht, dem sei Sam Mendes aktuelles Epos 1917 empfohlen. In unserer Kritik zu 1917 lest ihr, was es so besonders macht.
Die Rochade an Star Wars Bösewichten geht weiter. Nach Snoke (Andy Serkis) und dem General Hux (Domnhall Gleeson) – Kylo Ren (Adam Driver) Duo ist es nun Imperator Palpatine (Ian McDiarmid), der die Rebellen und die Galaxis bedroht. Wie er den Sturz in Die Rückkehr der Jedi überleben konnte, ist nicht ganz klar, aber so funktioniert der Off-Screen Tod nun einmal. Man kann sich nie sicher sein, ob etwas passiert ist, wenn man es nicht selbst gesehen hat.
Der Film macht auch kein großes Trara drum und setzt in dem Moment ein, als die Galaxis eine verbale Drohung Palpatines in ihren Weiten wiederhallen hört. Kylo Ren, der im letzten Teil ein Upgrade zum vielschichtigen Oberbösewicht erhalten hat (hier unsere Kritik zu Star Wars 8), sucht in guter alter Schnitzeljagd-Manier nach dem mysteriösen Sith Planeten, der die Flotte des New First Oder beherbergt, die Palpatine auf die Rebellen loslassen will. Doch erst soll Kylo Ren Rey (Daisy Ridley) finden und zum Imperator bringen.
Dabei müsste sich Kylo nicht einmal die Mühe machen. Die Rebellen haben inzwischen genug Erfahrung gesammelt und wissen, dass sie die letzte Schlacht zu Palpatine bringen müssen, statt auf sie zu warten. Doch wie die Sith Welt finden? Gut, dass Luke hier Vorarbeit geleistet hat. Und so macht sich das Trio C-3PO, Chewbacca und BB-8 mit Rey ebenfalls auf eine Schatzsuche quer durch die Galaxis auf und versucht die Karte zum Sith-Planeten zu finden. Dabei werden sie nicht nur von Sturmtrupplern und Kylo Ren höchstpersönlich verfolgt, sondern auch, im Falle Reys, von der eigenen Bestimmung.
Kommt einem das alles nicht bekannt vor? Die Star Wars Filme sind nicht gerade berühmt dafür in ihrer Haupt-Filmreihe jedes Mal das Rad neu zu erfinden. Doch nach dem umstrittenen zweiten Teil Die letzten Jedi von Rian Johnson, der das Star Wars Universum in neue Richtungen pushte, nimmt J.J. Abrams den Zuschauer erneut an der Hand und verspricht ihm, in altbackener Manier, dass die alte Mär vom „auserwählten privilegierten Macht-Nutzer“ nach wie vor die einzige wahre Zugangsweise zur Geschichte ist. Das Resultat: absolut vorhersehbarer Fanservice, der seine inhaltlichen Entwicklungen mit einer gesunden Portion Logikfreiheit und dezentem Zwang in Szene setzt.
Ein Gutteil der Problematik ergibt sich noch aus den in Das Erwachen der Macht gesäten Handlungsträngen, von denen es zu viele und zu unkonkrete Ausformungen gab. Abrams warf einen Haufen Figuren ohne klare Motivation auf das Spielbrett, von denen Johnson sich säuberlich einiger wieder entledigte. Auch mit dem Umschlagen einiger klassischer Setups machte er sich unter der Filmbro Community einige Feinde. Auf deren Verwurzelung in der Protagonisten-Blutlinien Thematik, des Auserwähltseins und der weißen männlichen Helden antwortete Johnson mit einer Rey, die „von niemanden wichtigen“ abstammt. Oder der Figur von Rose, einer asiatisch-stämmigen Rebellin, die nicht unbedingt dem männlichen Blick entspricht und viel rassistisch-misogyne Attacken von „Fans“ erdulden musste.
Starke Frauen (u.a. Laura Dern), eine Abkehr vom Skywalker Erbe (Kylo Ren solle doch bitte endlich den lächerlichen Helm abnehmen), moralisch zwiespältige Charaktere (Benicio del Toro’s DJ), die nicht einfach Gut oder Böse sind, Leias und Lukes Defizite: Johnson hatte bei Gott keinen perfekten Film gemacht, aber er brach mit dem Kanon. So sehr, dass auch zwei Jahre später Die letzten Jedi noch heiß diskutiert wird. Nun hat Produzentin Kathleen Kennedy nie ein Geheimnis daraus gemacht gerne mit Johnson gearbeitet zu haben. Auch soll er eine eigene Trilogie bekommen. Dennoch stellt sich die Frage, warum Disney im neuen Film ganz offensichtlich eingeknickt ist.
Hier wird der Reihe nach eine Entscheidung Johnsons nach der anderen rückgängig gemacht. Rose wird JarJar Binks mäßig in den Hintergrund verbannt. An Rey ist nun wieder doch mehr dran als gedacht. Luke bereut sein Exil. Und so inkonsequent wie die Handlung hin und her schwenkt, so geht auch Kylo Rens Helm phasenweise wieder auf seinen Kopf und runter. Wer braucht schon Charakterentwicklung. Verstärkt wird dieser Eindruck, dass man hier wieder zurückschwenken wollte durch eine Reihe an fragwürdigen Interviews in der New York Times, in denen der Cast die Rückkehr Abrams lobt und Entscheidungen des letzten Films kritisiert.
Dieser Stress, Kurskorrektur zu betreiben und gleichzeitig auch alte Handlungsstränge aufzulösen, schlägt sich auch auf den Plot nieder. Neue Figuren wie Richard E. Grant als Allegiant General Pryde drängen alte Figuren grundlos in den Hintergrund, viele Entwicklungen ergeben sich aus Off-Screen Exposition. Rein nach dem Motto „roll with it“. So ist Hux nur mehr Stichwortgeber, von der Romanze zwischen Rose und Finn bleibt eine schnelle Umarmung.
Die Handlungsstränge hingegen, die gelöst werden, entwirren sich im vollkommenen Komfort des vorhersehbaren Fanservices. Abrams überrascht mit wenig Neuem, vielmehr tickt er eine Liste an finalen Entwicklungen ab, die die Subreddits wohl schon seit Jahren daher philosophiert haben. Das bedeutet aber zwangsweise, dass das Ende durchaus eine zufriedenstellende Note hat, aber insgesamt die Filmreihe enttäuschend abschließt.
Wo Abrams dagegen auf die Tube drückt, und auch das leider in einem exzessiven Ausmaß, ist bei den Action-Sequenzen. Die Laufzeit von 142 Minuten ist gespickt mit einem Set Piece nach dem anderen, aus dem die Helden sich herauskämpfen/schießen/fliegen müssen. Eine Schatzsuche mit konstant hoher Pulszahl. Das CGI schaut zwar gut aus, die Action ist solide, doch die ruhigen emotionalen Momente fehlen. Dafür bekommt man Videospiel-Dauerkampf. Gerade die neuen Figuren, oder die unplausiblen neuen Motivationen mancher hätten etwas mehr Tiefe statt Schießereien vertragen können.
Rise of Skywalker ist ein zufriedenstellender Fanservice, der seine Auflagen aber an zu viel Toleranz an mangelhaftes Storytelling und Orientierungslosigkeit knüpft. Abrams versucht hektisch einen wirren roten Faden zu Ende zu führen. Verloren gegangen ist dieser aber schon vor langer Zeit in einer weit entfernten Galaxis. (sg)
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Alle Fotos: © Disney
Susanne Gottlieb schreibt als Filmjournalistin für die Helden der Freizeit, Kleine Zeitung, NZZ, Standard, TV Media, Filmbulletin, Cineuropa und viele mehr. Sie arbeitet im Filmarchiv Austria, berichtet von diversen Filmfestivals und hat Theater-, Film- und Medienwissenschaft studiert.