Kultig oder peinlich? Seit Jahrzehnten versuchen Sportstars die Charts zu stürmen. Wir haben die größten Schätze und Fehltritte für euch aufgespürt.
von Scarecrou
Sport und Musik – das harmoniert, wenn man die zu den Hymnen falsch mitjaulenden Fußballer heranzieht – nicht immer perfekt. Aber sie sind oft untrennbar miteinander verbunden. Man denke da nur an die unzähligen Hymnen, die Fußballvereine für ihre Farben komponieren ließen. An die Chants, die für Stimmung in den Stadien sorgen und an die kurzen Clips, die die Pausen beim Eishockey untermalen.
Singende Skistars von Sailer bis Görgl und Box-Kultfigur Orsolics
Oft versuchen sich Sportlerinnen und Sportler gleich richtig als Musiker. Vorreiter dieser singenden Zunft waren in Österreich die Skifahrerinnen und Skifahrer, allen voran Toni Sailer, Karl Schranz und Annemarie Moser-Pröll Im Skisport kann man diesen Umstand auch noch durchaus verstehen, werden die Athletinnen und Athleten doch meist alpin sozialisiert. So greift man dann auf der Almhütte, in Ermangelung eines Radios oder einer anderen Schallquelle, zur Knöpferlharmonika und singt lustige G´stanzeln dazu.
Das erklärt zum Beispiel ein Phänomen wie Hansi Hinterseer. Zu seiner aktiven Zeit war er noch ein junger Wilder, der vom Aussehen und vom Gestus her eher der Popmusik zugeordnet war. Bald nach Karriereende wandte er sich der volkstümlichen Musik und dem Schlager zu und wurde Stammgast im Musikantenstadl.
Doch Hinterseer ist nur der erfolgreichste unter einer Vielzahl von Kolleginnen und Kollegen, die ihre Berühmtheit in verkauften Alben und Singles umsetzen wollten. Von Toni Sailer und Karl Schranz über Annemarie Moser-Pröll und Franz Klammer bis zu Elisabeth Görgl (zugegeben, die hat musikalisch einen anderen Weg eingeschlagen) reicht die Liste der singenden und spielenden österreichischen Skistars.
Der erste war Radi Radenkovic
Was aber treibt einen Fußballer dazu, zum Mikrophon zu greifen? Und was ist von den Darbietungen im Internet noch zu finden? Singende Fußballer gibt es seit den sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts. Vor allem in Deutschland war dieses Phänomen zuerst zu beobachten. Eines der frühesten Dokumente, die ich finden konnte, ist ein Auftritt von Petar „Radi“ Radenkovic. Der Tormann, der in der zweiten Hälfte der sechziger Jahre das Tor von 1860 München hütete, war einer der ersten Goalies, die für ihre weiten Ausflüge aus dem Strafraum bekannt wurden. Und er war der erste Fußballer, der eine Platte aufnahm. Auf youtube ist er mit dem Titel „Bin ich Radi, bin ich König“ zu finden.
Ihm folgten in Deutschland Gerd Müller („Dann macht es bumm“) und Franz Beckenbauer („Gute Freunde kann niemand trennen“). Leider fehlte ihnen die Radenkovic eigene Ironie und das Augenzwinkern. So blieb ihnen nur die unfreiwillige Komik.
Der erste in Österreich: Hans Krankl aka Johann K.
Hans Krankl ist ein eigenes Kapitel. Ließ er sich in jungen Jahren noch zu dem Schlager „Ohne Ball und ohne Netz“ verführen, startete er in den Achtzigern eine zweite musikalische Karriere unter dem Pseudonym Johann K. Mit Unterstützung des leider viel zu früh verstorbenen Helmut Zenker, dessen Texte er interpretierte, gelang ihm mit „Rostige Flügel“ ein Achtungserfolg. “Lonely Boy” schaffte es sogar auf Platz 2 der Charts. Leider fast in Vergessenheit geraten sind aber so großartige Lieder wie „Der Batman bin i“ und die Coverversion des J.J. Cale-Klassikers Cocaine unter dem Titel Aspirin.
Ein besonderes Gustostückerl ist abseits seiner Pop-Ambitionen ein Duett mit Herbert Prohaska, in dem sich die beiden einem kabarettistischen Kleinod von Gerhard Bronner und Peter Wehle annehmen. Als Opitz und Zwirschina bieten Krankl und Prohaska solide Kleinkunst nach altem Muster.
Kult ist freilich der Song von Boxlegende Hans Orsolics über sein “potschertes Leb’n”. Der schaffte es in Österreich auf Platz 1 und der gefallene Star konnte mit den Erträgen der Großteil seiner Schulden abbezahlen.
Auch Sportreporter singen
Vor allem vor Europa- und Weltmeisterschaften gehen Nationalmannschaften mit prominenter Unterstützung in ein Tonstudio. Deutschland ist Vorreiter in dieser Disziplin, auch die Schweiz, England und Irland sind mit von der Partie. Dass sich trotz intensiver Recherche nur zwei Einträge aus Österreich finden, liegt vor allem daran, dass sich das österreichische Nationalteam selten für eine WM qualifiziert hat.
Allerdings bin ich auf eine Rarität gestoßen: 1978 zur WM in Argentinien nahm der Chor der österreichischen Sportreporter den wunderbaren Titel „Grüß Euch, wir sind aus Öst´reich“ auf.
Für die Suche im Internet sollte man viel Zeit und Fantasie bei der Eingabe der Suchbegriffe auf Youtube mitbringen. Im Notfall hilft auch Wikipedia weiter.
Manch ein Download ist auf Amazon schon um 1,29 Euro zu finden. Platten sind Raritäten und kaum mehr zu bekommen.
Es lohnt sich, die Suche auf andere Sportarten auszudehnen. Vom Sprinter Martin Lauer bis zum Boxer Hans Orsolic reicht da der Bogen.
Die Suche im Internet nach singenden Sportlerinnen und Sportlern ist höchst unterhaltsam. Ich bin auf viele, beinahe vergessene Perlen gestoßen. Manche Lieder hätte ich mir aber lieber erspart.
Der Chefredakteur der Wiener Alszeilen verfasst für heldenderfreizeit.com Buch-, Musik- und Spiel-Rezensionen, ist Video-Redakteur von CU TV und schreibt für das Musikmagazin Stark!Strom. Dazu berichtet er von Konzerten, Sport- und anderen Kulturevents und führt Interviews mit Stars und spannenden Persönlichkeiten.