Crawl lässt Alligatoren in einem überfluteten Haus auf Menschen los. Was den einfach gestrickten Horrorfilm sehenswert macht & wo ihm der letzte Biss fehlt. Unsere Filmkritik.
Tiere in Horrorfilmen machen mehr Spaß, wenn sie sich nicht wie in der Realität verhalten. Das ist bei Crawl nicht anders als beim Weißen Hai. Ja, der Mississippi-Alligator kommt in Florida in rauen Mengen vor. Ja, es gibt vereinzelt unschöne Zwischenfälle, bei denen auch Menschen umkommen. Tatsächlich ist die Chance aber größer vom Blitz getroffen zu werden. Denn: Alligatoren sind sehr menschenscheu – und sollten sie das einmal nicht mehr sein – werden sie in den USA sofort erschossen. In ihr Beuteschema passen Tiere etwa bis Hundegröße – und wenn sie ein solches erlegen, schlingen sie es meistens als Ganzes herunter.
So viel zur Ehrenrettung der schuppigen Kaltblüter. Mit solchen Alligatoren würde ein Horrorfilm aber wenig Spaß machen. Deshalb dürfen sie in Crawl von Regisseur Alexandre Aja (High Tension, Piranha 3D) Menschen jagen, sie lustvoll zerfleischen und sich ein paar schöne Happen abbeißen. Dabei bedienen sie sich so ziemlich allen genretypischen Mitteln – als hätten die Gatoren einen Workshop “Horrorfilme für Anfänger” besucht.
Ob das, was dabei rauskommt, plump oder aufregend ist, erfahrt ihr in unserer Kritik.
Unsere Filmhelden müssen leider ohne derlei Hilfsmittel auskommen, was ihre Mission umso schwieriger macht. Die Story ist schnell erklärt. Ein Hurrikan zieht über Florida. Schwimmerin Haley (Kaya Scodelario) wagt sich mutig in den Sturm. Denn ihr Vater Dave (Barry Pepper), mit dem sie seit der Scheidung ihrer Eltern zerstritten ist, ist nicht erreichbar. Mit Hund Sugar findet sie ihn im Keller des heruntergekommenen Familienhauses, schwer verletzt von einem Alligator. Die Biester versperren den Weg nach draußen, während die Fluten das alte Gebäude immer mehr unter Wasser setzen. Ein Kampf ums Überleben beginnt – gegen die Zeit und Alligatoren.
Crawl ist sehr einfach und klassisch gestrickt. Ein Haus in dem böse Monster (in diesem Fall Alligatoren) lauern. Zwei Protagonisten, die beim Kampf ums Überleben ihre Probleme miteinander lösen müssen. Ein paar dümmliche Nebendarsteller als dankbares Alligatorenfutter. Viel Blut, gebrochene Knochen und einige resche Jumpscares, die einen auch als hartgesottenen Kinozuseher aus dem Sessel schrecken.
An manchen Stellen wünscht man sich allerdings den Trailer nicht gesehen zu haben. Denn hier hat man schon viele der besten Actionszenen reingepackt. Auch vermittelt er ein etwas falsches Bild des Streifens. Denn der nimmt sich gerade in der ersten Hälfte auch viel Zeit für ruhigere Szene. Spannend ist hierbei wie Haley und Dave ihre zerüttete Vater-Tochter-Beziehung aufarbeiten, die offenbar unter einem zu ehrgeizigen Sportpapa gelitten hat. Etwas schade ist, dass Crawl diesen Überehrgeiz nicht hinterfragt, sondern dem Vater recht gibt. Hätte er seine Tochter nicht zur Spitzenschwimmerin gedrillt, hätte sie nun keine Chance den Alligatoren zu entkommen – so die simple und wenig facettenreiche Botschaft.
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Überhaupt ist Crawl recht einfacht gestrickt und tut sich nicht mit allzu viel Kreativität hervor. Dennoch weiß er gut zu unterhalten. Die zwei Hauptdarsteller liefern sich einen aufregenden Überlebenskampf mit den Alligatoren. Der CGI-Sturm ist okay – auch wenn nicht überragend. Dafür wirken die Animationen der Alligatoren extrem lebensecht und überzeugend. Und das unter dem Sturm zusammenfallende Haus bietet den perfekten Schauplatz, weil das steigende Wasser die Karten im Duell Mensch gegen Alligator immer neu mischt.
Besonders gelungen ist das Sound-Design. Es tropft, rinnt, der Sturm heult, das Haus knarrt unter den Wassermassen, ein altes Radio spuckt seine letzten Töne aus, es prasseln die Wassermassen auf die Windschutzscheibe des Autos, abgelöst von einem wilden Sturmorchester, wenn Haley die Tür öffnet. Und irgendwo hört man wieder ein leises Knurren eines hungrigen Alligatoren. Hier wurde ganze Arbeit geleistet.
Crawl ist ein solider, unterhaltsamer Horrorfilm. Er erfindet das Genre nicht neu, hält das Spannungslevel aber mit altbewährten Mitteln hoch. Die Jumpscares sitzen, die zwei Hauptdarsteller liefern einen gelungenen Überlebenskampf, der Sound sorgt für tolle Atmosphäre und die Alligatoren haben im Crashkurs für Horrorfilm-Bösewichte offenbar gut aufgepasst.
Um ein besonderer Film zu sein, fehlt es Crawl aber an Kreativität – einerseits im Katz- und Maus-Spiel zwischen Jäger und Gejagten, andererseits beim Zusammenraufen von Vater und Tochter. Freunde des gepflegten Tierhorrorfilms wird dieses All-you-can-eat-Buffet für Alligatoren aber gut munden. Also ab ins Kino. Und Mahlzeit! (ck)
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Alle Fotos: (c) 2019 Paramount Pictures
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