Die Gorgeous Ladies of Wrestling machen in der dritten Staffel Las Vegas unsicher. Dabei dominiert diesmal die Charakterentwicklung gegenüber der Wrestling-Action. Warum das kein Nachteil ist, lest ihr in unserem Review.
„Viva Las Vegas!“ ist das Motto der dritten Staffel der Netflix-Serie GLOW aus der Feder von Liz Flahive und Carly Mensch. Denn Ruth, Debbie und ihre Mit-Wrestlerinnen haben einen heißbegehrten Show-Vertrag mit einem Hotel in der glitzernden Casino-Metropole ergattert. Doch es ist nicht alles Gold was glänzt. Und nicht nur bei den Damen, sondern auch beim Zuschauer, stellen sich bald Ermüdungserscheinungen ein. Denn von Wrestling ist in Staffel drei nicht mehr viel zu sehen. Trotzdem bleibt GLOW ein Paradebeispiel für Charakterentwicklung.
Wie sich die Wrestlerinnen diesmal schlagen, lest ihr in unserer großen spoilerfreien Kritik:
Die Wrestlerinnen von GLOW haben es geschafft! Mit einer eigenen Show in Las Vegas können die, in Staffel zwei noch von Zukunftsängsten geplagten, Gorgeous Ladies of Wrestling endlich aufatmen. Aber schnell stellen sich neue Ängste ein. Debbie (Bettie Gilpin), die als Produzentin und Wrestlerin eine zentrale Rolle in der Show hat, muss sich damit abfinden, ihren kleinen Sohn in Los Angeles zurückzulassen. Gleichzeitig kämpft sie mit den sexistischen Einstellungen mächtiger Männer, die sie nur auf ihr Äußeres reduzieren. Ruth (Alison Brie) hingegen wird immer unzufriedener mit ihrem Leben und fragt sich, ob ihre Rolle als Sowjet-Schurkin Zoya wirklich der Höhepunkt ihrer Karriere sein soll.
Doch auch die anderen Wrestlerinnen überdenken ihr Leben, jetzt wo sie sich nicht mehr um ihren Unterhalt sorgen. Rhonda (Kate Nash) muss sich die Frage stellen, ob ihre Blitzheirat mit Produzent Bash (Chris Lowell) die klügste Entscheidung war. Und Sheila sieht sich mit der Tatsache konfrontiert, dass ihre Wolfsgestalt sie am Erfolg hindert. Über all diesen privaten Dramen hängt die Frage „War das jetzt alles für GLOW?“.
Auch in der dritten Staffel von GLOW wird ein stabiles Entertainment-Niveau beibehalten. Leider gibt es, verglichen mit vorigen Staffeln, bedeutend weniger Wrestling-Action. Vorbei ist die Zeit der beeindruckend choreographierten Kämpfe. Nur die glamourösen 80er-Jahre-Kostüme sind geblieben. Denn in Staffel drei müssen die Wrestlerinnen immer und immer wieder dieselbe Wrestling-Show aufführen. Da stellt sich nicht nur bei den Ladies eine gewisse Ermüdung ein. Wo früher energetische Aufbruchstimmung herrschte, dominiert jetzt gelangweilte Routine. Dadurch geht der Netflix-Serie einiges an Pep verloren.
Stattdessen wird in der dritten Staffel der Fokus auf Charaktentwicklung gelegt. Diese Rechnung geht glücklicherweise voll auf. Vor allem Carmen a.k.a. Machu Picchu (Britney Young) wächst über sich hinaus. Vorbei sind die Zeiten, in denen sie unsicher um die Aufmerksamkeit von Bash gerungen hat. Sie hat endlich ihren Wert erkannt und trägt ihn stolz zur Schau. Etwa als es mit Cherry (Sydelle Noel) zum Schlammcatchen geht.
Ähnlich ergeht es Arthie „Beirut“ (Sunita Mani), die sich nicht eingestehen will, dass sie lesbisch ist. Und das obwohl sie mit Yolanda (Shakira Barrera) eine feste Freundin hat. Erst als sie die weitverbreitete Homophobie der 80er miterlebt, versteht sie, warum es für Yolanda so wichtig ist, dass sie sich als homosexuell identifiziert.
Insgesamt steht das Thema Diskriminierung in der dritten Staffel von GLOW stark im Vordergrund. Die Frauen werden in Las Vegas nicht nur stärker mit dem alltäglichen Sexismus konfrontiert. Die mächtigen Geschäftsführer zeigen hier ungeniert ihr hässliches Gesicht, wenn sie knapp bekleideten Frauen gegenüberstehen. Nein, auch die Homophobie tritt an diesem Ort mit ungeahnter Heftigkeit an den Tag.
Der große Cast von GLOW sorgt dafür, dass dem Zuschauer im Endeffekt nie langweilig wird. Interessanterweise geraten Ruth und Debbie, die eigentlichen Hauptcharaktere der Serie, in dieser Staffel immer weiter in den Hintergrund. Vor allem Ruths Story bewegt sich in dieser Staffel kaum voran. Aber das schafft Raum für die oft sogar interessanteren Stories der anderen Wrestlerinnen.
Wer glaubt, dass die ersten Staffeln GLOW unglaublich glitzerig und bunt waren, der sollte sich bei der dritten Staffel festhalten. Denn Las Vegas ist die Glitzerstadt schlechthin. Die Kostüme der Ladies of Wrestling haben noch mehr Strass und Tüll. Die Haare werden noch wilder toupiert als zuvor. Aber auch abseits des Wrestling-Rings gibt es in der Casino-Stadt mit seinen vielen Shows ordentlich Glamour für Augen und Ohren.
Die Gorgeous Ladies of Wrestling sorgen auch in der dritten Runde wieder für einen Entertainment-Volltreffer. Doch diesmal schlagen sie sich nicht mehr so sehr im Ring, wie im Privatleben. Die Existenznöte sind Vergangenheit, aber andere Probleme haben sich hervorgetan. Dabei zeigt GLOW, dass es vor allem eines beherrscht: Realistische und nachvollziehbare Charakterentwicklung, die ans Herz geht.
Dementsprechend schadet es der Netflix-Serie im Endeffekt wenig, dass die Handlung in Staffel drei primär außerhalb des Ringes stattfindet. Vielmehr macht es den Zuschauer gespannt auf den weiteren Weg der Wrestlerinnen. (sn)
Bei den Helden der Freizeit findet ihr sie! In unserer Seher-Rubrik haben wir Kritiken zu zahlreichen Netflix-Hits:
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Better Call Saul (Erste 33 Folgen)
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Glow (Staffel 1 und 2)
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Orange is the new Black (Staffel 7)
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Stranger Things (Staffel 3)
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Bilder: ©Ali Goldstein/ Netflix.
Die Journalistin ist bei Videospiel-Tests und Wien Guides voll in ihrem Element. Seit 2021 verstärkt sie die Redaktion des KURIER.