Spannung, Gewalt und viel Lokalkolorit. Das ist der Krimi Racheherbst von Andreas Gruber – ich habe mich auf die Spuren seiner Wiener Schauplätze begeben.
von Christian Orou
Drei befreundete Ärzte, die gemeinsam ein Liebesnest angemietet haben. Ein gewalttätiger Ehemann. Ein Mörder, der an jungen Prostituierten bizarre Verbrechen verübt. Aus diesem Stoff ist der neue Gruber-Krimi “Racheherbst” gemacht. Als Wiener konnte ich selbst die realen Schauplätze der fiktiven Romanfiguren erkunden. Aber einmal von vorne.
So beginnt es: Eine junge Frau wird unter einer Brücke in Leipzig gefunden. Ausgeblutet und die Knochen zertrümmert. Drei Schülerinnen und Schüler ziehen den Besuch eines Schrottplatzes dem Biologietest vor. Zwischen ausgeweideten Autos stoßen sie auf die verweste Leiche einer Frau. So beginnt eine atemberaubende Geschichte, in der Autor Andreas Gruber geschickt mit den archaischen Ängsten der Leserinnen und Leser spielt.
Aufstrebende Strafverteidigerin und einsamer Wolf
Wieder schickt Gruber das ungleiche Duo Evelyn Meyers und Walter Pulaski auf Ermittlungstour. Sie ist eine aufstrebende Strafverteidigerin in Wien. Er ist ein asthmakranker Kriminalbeamter in Leipzig. Sie wird, wie jeder ordentliche Anwalt in der Kriminalliteratur, von einem Privatdetektiv unterstützt, mit dem sie nicht nur das berufliche Interesse verbindet. Pulaski ist ein einsamer Kämpfer, der nur widerwillig Unterstützung annimmt.
Von Leipzig über Prag und Passau nach Wien
Racheherbst spielt auf drei Ebenen. Da ist einmal der Schauplatz Leipzig. Dort stößt Kommissar Pulaski bei seinen Ermittlungen zu einem bizarren Mord auf Mikaela. Die Slowakin hoffte, in Deutschland eine bessere Zukunft für ihre beiden Töchter zu finden. Jetzt sucht sie gemeinsam mit Pulaski den Mörder ihrer Älteren. In Wien soll Evelyn Meyers einen Schönheitschirurgen verteidigen, der unter Mordverdacht steht. Er und seine beiden Freunde sollen Verbindung zu dem Mordopfer auf dem Schrottplatz gehabt haben. Auf der dritten Ebene beobachtet Gruber den Mörder, erzählt in kurzen Einschüben seine Geschichte.
Unabhängig voneinander ermitteln Meyers und Pulaski an verschiedenen Enden des gleichen Falls. Den Leipziger Polizisten führt die Recherche gemeinsam mit Mikaela, die vor ihrem gewalttätigen Ehemann flüchtet, von Leipzig über Prag und Passau nach Wien. Die Anwältin ist unterdessen dem Täter in Wien auf der Spur.
Nichts passiert zufällig
Was mir als gestanden Wiener besonders gut gefällt, ist die Begegnung mit den Wiener Schauplätzen. Die Ecken, in denen Gruber seine Anwältin Evelyn Meyers schickt, sind zum Teil sehr bekannt. Er führt die Leserinnen und Leser in weniger frequentierte Orte der Stadt.
Ich habe mich selbst auf die Suche nach diesen Schauplätzen begeben:
Andreas Gruber erzählt eine atemberaubende Geschichte, die kaum Schwächen hat. Einzig der Zufall, dass Meyers und Pulaski wieder gemeinsam am selben Fall arbeiten, scheint ein wenig weit hergeholt. Aber wie lässt Gruber einen bayrischen Polizeibeamten sagen? „Nichts im Leben passiert zufällig.“
Titel: Racheherbst
Autor: Andreas Gruber
Verlag: Goldmann 2015
Seiten: 508
Weitere Titel: Wem Racheherbst gefällt, sollte auch folgende Bücher von Andreas Gruber lesen: Rachesommer, Todesfrist, Die Schwarze Dame.
Fazit: Ein spannender, österreichischer Krimi, der die Leserinnen und Leser bis zum Schluss fesselt. Er punktet mit einer durchdachten, gut strukturierten Geschichte, überraschenden Wendungen und Lokalkolorit.
Fotos: heldenderfreizeit.com
Der Chefredakteur der Wiener Alszeilen verfasst für heldenderfreizeit.com Buch-, Musik- und Spiel-Rezensionen, ist Video-Redakteur von CU TV und schreibt für das Musikmagazin Stark!Strom. Dazu berichtet er von Konzerten, Sport- und anderen Kulturevents und führt Interviews mit Stars und spannenden Persönlichkeiten.