Vor genau 200 Jahren erklingt Stille Nacht zum ersten Mal. Wie es entsteht und aus dem Friedenslied ein Welthit wird, lest ihr bei den Helden der Freizeit.
24.12.2018: Eine kaputte Orgel, ein Hilfspriester, ein Volksschullehrer. Die Christmette ist aus. Vor der Krippe singen Pfarrer Joseph Mohr mit Gitarre und Lehrer Franz Xaver Gruber den Kirchgängern das Lied Stille Nacht. Ergreifend muss es gewesen sein. Denn 200 Jahre später ist das Weihnachtslied weltbekannt.
Welche erstaunliche Geschichte hinter dem Lied steckt, erfahrt ihr mit unseren zehn ausgewählten Facts:
Wenn hungrige Mäuse den Blasebalg der Kirchenorgel anknabbern und die dann justament am Weihnachtstag keinen Ton mehr von sich gibt, dann muss der junge Priester schnell handeln. Vor allem, wenn die Kirchgänger in wenigen Minuten eintreffen. So soll es vor 200 Jahren Joseph Mohr in Oberndorf passiert sein. Der muss rasch reagieren. Denn eine Mette ohne feierliche Orgelmusik ist wie ein Christstollen ohne Schmalz. Deshalb trägt er zusammen mit dem Lehrer Franz Xaver Gruber Stille Nacht! Heilige Nacht! vor.
Die Legende von der kaputten Orgel und den Mäusen stimmt nur zum Teil. Tatsache ist, dass die Orgel in Oberndorf defekt war. Die Geschichte mit den Mäusen hat sich die Schriftstellerin, Schauspielerin und Journalistin Hertha Pauli ausgedacht. Sie erscheint 1943 im Buch Silent Night. The Story of a Song. Der Rest der Geschichte ist allerdings wahr.
Zwei Jahre vor der Uraufführung des Lieds entsteht das Gedicht. Joseph Mohr dichtet es in Mariapfarr, im Salzburger Lungau.
Zu der Zeit, als das Gedicht Stille Nacht! Heilige Nacht! entsteht, ist das Land geprägt von Kriegen, wirtschaftlicher Not und vor allem Hunger. Ein Vulkanausbruch auf der indonesischen Insel Sumbawa im April 1815 hatte eine dramatische Klimaveränderung in Europa zur Folge. 1816 geht daher als Jahr ohne Sommer in die Geschichtsbücher ein. Mohrs Wunsch nach Frieden und Segen fängt er in sechs Strophen ein.
Weihnachtstag 1818: Joseph Mohr bittet den Lehrer Franz Xaver Gruber von Arnsdorf zu seinem Gedicht Stille Nacht! Heilige Nacht! eine Melodie zu komponieren – noch für die Messe am selben Tag.
Gruber schreibt sie für zwei Singstimmen und Gitarrenbegleitung in D-Dur. Er misst der Melodie jedoch nicht viel Bedeutung zu und betrachtet sie als Gelegenheitskomposition.
Nach der Christmette, im Kirchraum vor der Krippe, kommt es am 24. Dezember 1818 zur Uraufführung des Liedes Stille Nacht. Joseph Mohr singt Tenor und begleitet den Gesang auf der Gitarre. Franz Xaver Gruber übernimmt die Bassstimme.
Orgelbauer Carl Mauracher aus Fügen im Tiroler Zillertal wird mit der Reparatur der Orgel in Oberndorf beauftragt. Auf seinen Arbeitsreisen zwischen 1818/19 und 1823/24 kommt er mit dem Lied Stille Nacht in Berührung. Er ist es auch, der das Lied in seine Heimat mitnimmt und es an Sängerfamilien weitergibt.
Übrigens: Bereits 1818 fügt der Lehrer Blasius Wimmer aus Waidring dem Lied eine siebte Strophe hinzu. Sehr wahrscheinlich lernt er Stille Nacht über den Orgelbauer kennen und notiert es in sein handgeschriebenes Kirchenliederbuch.
Verbreitet wird Stille Nacht in Europa, Russland und den USA vor allem durch zwei Sängerfamilien – die Tiroler Familien Rainer und Strasser.
Im Dezember 1822 werden die Geschwister Rainer im Schloss des Grafen Dönhoff in Fügen eingeladen. Der Anlass: Sie sollen vor Kaiser Franz I. von Österreich und Zar Alexander I. von Russland singen. Der Zar ist von den dargebotenen Volksliedern so angetan, dass er die singenden Geschwister an seine Hof in St. Petersburg einlädt. 1824 brechen die Geschwister Rainer zu ihrer ersten Auslandsreise nach Deutschland auf. Bereits ein Jahr später führt sie ihre Konzerttour durch Deutschland, Schweden und England.
Die zweite Generation der Rainer-Sänger, darunter auch einer der berühmtesten Tiroler Nationalsänger Ludwig Rainer, macht den Sprung 1839 über den großen Teich. Sie wagen eine Konzerttour durch Amerika. Vermutlich fand die erste Aufführung des Lieds Stille Nacht in America in New York in der Trinity Church statt.
Ebenso bedeutend wie die Sängerfamilie Rainer sind die Geschwister Strasser. Die Bauernfamilie aus dem Zillertaler Laimach verkauft im Winter 1831 ihre handgefertigten Waren auf verschiedensten Märkten. Um den Verkauf anzutreiben, singen sie Volkslieder – darunter Stille Nacht. Zwischen 1832 und 1834 sind die Geschwisters Strasser so bekannt, dass sie zu weiteren Auftritten nach Leipzig eingeladen werden.
Der Verleger A. R. Friese aus Dresden veröffentlicht eine Liedersammlung mit Stille Nacht. Der Titel: Vier ächte Tyroler Lieder für eine Singstimme mit Begleitung des Pianoforte und der Gitarre, gesungen von den Geschwister Strasser aus dem Zillerthale.
Dass das Weihnachtslied über Europa, Russland, Amerika noch viele weitere Länder erreichen konnte, ist dem Hamburger Sozialreformer Johann Hinrich Wichern und seiner Tochter Caroline zuzuschreiben.
Sie gaben ihren Missionaren auf Reisen ab 1844 das Singbuch Unsere Lieder mit. Mit dabei im Liederkanon des Buches: Stille Nacht.
Über 110 Jahre später bringt der US-Sänger Bing Crosby dem Lied Stille Nacht einen weiteren Erfolgsschub. Seine Version von Silent Night gehört in den 30er Jahren zu den meistverkauften Tonträgern aller Zeiten. Bis heute sind, zusammen mit neueren Versionen, über 30 Millionen Tonträger seiner Aufnahme verkauft worden.
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Seit 2011 darf sich das Lied zum immateriellen UNESCO-Kulturerbe zählen. Die Friedensbotschaft von Joseph Mohr und Franz Xaver Gruber hat nichts von ihrer Bedeutung verloren.
(kla)
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