Ich hoffe Philip K. Dick – Autor der Vorlage für Blade Runner und vielen anderen Science-Fiction-Romanen – nimmt mir die Verstümmelung einer seiner Titel nicht allzu übel. Aber wie sonst könnte ich einen unvergesslichen Abend im Robot Restaurant in Tokio beschreiben?
von Christoph Geretschlaeger
Letzte Woche haben wir in unserer Serie Essen in coolen Städten eine Tour durch die köstlichsten Lokale in Istanbul gemacht. Dieses Mal wird’s noch viel, viel exotischer, bunter und vor allem schräger. Wir besuchen das Robot Restaurant in Tokio. Hier unser sehr spezieller Erfahrungsbericht.
Vergnügungsviertel Shinjuku, rund dreimal Umsteigen von meinem Apartment entfernt. Das Navi bringt mich zum Robot Restaurant, ich weiß nicht so recht was mich erwartet. 6000 Yen (umgerechnet 45 Euro) berechtigen zum Eintritt. Mein Handy zeigt 19:35, für den Restaurant-Teil bin ich etwas zu spät. Nicht weiter schlimm. Die Bento-Box sieht nicht wahnsinnig interessant aus. Das Personal lotst mich mehrere Stockwerk in die Tiefe in einen schmalen Raum mit drei Sitzreihen an den Längsseiten und einem offenen Bereich in der Mitte.
Nach 20 Minuten beginnt das Spektakel. Den Auftakt machen zwei Fünfergruppen Trommler, die auf gegenüberliegenden Seiten des Raums auf vier “Floats“ (Faschingswagerl auf gut österreichisch) musizieren. In der Mitte gibt eine leicht bekleidete Dame den Takt vor. Im Neon-Meer geht die Hälfte der Showelemente spurlos an einem vorüber, weil das Gehirn sie so schnell nicht verarbeiten kann. In den Pausen wird Bier und Popcorn verkauft und die Bühne für den nächsten Teil präpariert.
Fotos: heldenderfreizeit.com
Zwei Damen, die auf glänzenden Pferden um die Wette, schreckliche Covers zum Besten geben, folgen dem Getrommel. Es folgt eine Box-Einlage zwischen zwei Robotern mit Gästebeteiligung. Nach dem ungefährdeten Sieg des Mädels aus dem Publikum hören wir eine Geschichte von einem wunderschönen Planeten, der von üblen Monstern aus einer fremden Galaxie heimgesucht wird.
Das Programm läuft hauptsächlich auf Englisch, weil das Publikum nur aus Gaijin (Ausländern) besteht. Nun bekämpfen sich Schlangen und Panzer, Haie und Offroad-Skidoos. Darunter mischen sich Charaktere aus Kung Fu Panda. Warum? Das weiß ich nicht. Nach einem Intermezzo mit den zwei Glitzerstuten und einem weiteren schlechten Cover, kommen nun die Roboter auf die Bühne und ziehen ihre Show ab. Ich würd‘s selber nicht glauben, wenn ich nicht dabei gewesen wäre. Doch jetzt kommt endlich die Hauptattraktion, die Tankgirls.
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In Rave-Outfits betreten zwischen 10 und 12 Mädels die Bühne und tanzen sich die Seele aus dem Leib. Bei mir tanzt eine (aus der Nähe nicht ganz so attraktive) Dame, so Ende 20. Kurz danach kommt eine ganze Glitzerprozession und shaked bis der Arzt kommt. Um ihrem Namen alle Ehre zu machen, klettern jetzt immer jeweils drei Mädels auf einen riesigen Tank-Roboter (die vom Aussehen ein bissl dem Kalafati aus dem Prater ähneln). Dort wird dann lauthals geschrien und getanzt. Begleitet von Leuten in Röhrenbikes aus Neon. Zum Abschluss tanzen die Mädels noch zu komplett verzerrten Popsongs. Uff.
Homepage: www.shinjuku-robot.com
Adresse: B2F Shinjuku Robot Bldg, 1-7-1 Kabukicho, Shinjuku-ku, Tokyo
Wichtiger Hinweis: Aktuell (Stand 2024) ist das Robot Restaurant leider geschlossen. Ob es je wieder aufsperrt – wir drücken die Daumen
Öffentliche Anbindung: Shinjuku Station (Yamanote, Chuo, Marunouchi, Keio, Odakyu Linien)
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Fazit: Japanische Pop-Kultur kondensiert auf 90 Minuten. Ein irrer Thrill der sein Geld auf jeden Fall wert ist.
Falls ihr Teil 1 unserer Serie verpasst habt. Hier unsere kulinarische Tour durch Istanbul. Zwar weit weniger bunt als unser Tokio-Abenteuer, dafür umso köstlicher.
Der Grafiker und Art Direktor (Helden der Freizeit, Styria Verlag) aus Wien ist ein absoluter Game- und Film-Kenner. Das zeigt das in seinen Tests und Bestenlisten.