Es beginnt harmlos mit “Grüß Gott, Nussbaum!” und endet meist mit Tränen. Die ATV-Sendung Pfusch am Bau hilft Menschen zu erkennen, dass sie in einer Bruchbude hausen. Schön? Nein. Sehenswert? Absolut.
von Christoph König
Von meinem Schwiegerpapa, diesem genialen Meistertischler, hab ich Handwerksbanause zumindest eines gelernt: Holz ist nicht gleich Holz. Eiche, Buche oder Fichte – jedes hat seine ganz speziellen Eigenschaften. Der wahre Schrecken der meisten Handwerker ist aber der Nussbaum. Günther Nussbaum wohlgemerkt!
Aktuell prüft der Mann von der Bauherrenhilfe in seiner 12. Staffel für ATV in seiner Sendung Pfusch am Bau (jeden Montag, 20.15 Uhr) wieder alles, was sich Wohnung oder Haus schimpft auf Mark und Nieren. Bringt jeden kleinen oder großen Mangel erbarmungslos ans Tageslicht. Und versucht die Bauherren in ihrem Kampf gegen Baufirmen zu unterstützen. Der ist oft aussichtslos, denn oft haben diese bereits Konkurs angemeldet. Ein echter Quotenheuler! Auch ich bin dem seltsam anmutenden Charme dieser Doku-Soap vollends verfallen.
Galgenhumor in der Bruchbude
“Grüß Gott, Nussbaum!” stellt sich der Experte mit verschmitztem Lächeln vor. Der Bauherr, meist Familienvater, öffnet die Tür. Nicht ahnend, dass er bald mit seiner Frau um die Wette plärren wird, weil seine Existenz am Abgrund steht. Dass einiges in seinem Häuschen nicht stimmt, ist ihm klar, sonst hätte er Mister N. wohl nicht gerufen und sich für die Sendung angemeldet. Dass er in einem Totalschaden haust, wird ihm nun gleich endgültig bewusst sein.
Ritzeratze voller Tücke, in der Fassade eine Lücke
Schon hat Herr Nussbaum die Wasserwaage auf die Fensterbank gelegt. Er schüttelt den Kopf. “Nur ein halber Grad Neigung. Da kann bei Regen das Wasser nicht abrinnen.” Eifrig bringt der Bauherr ein Glas steirisches Wasser, damit ihm Nussbaum das Desaster demonstrieren kann. “Schauen Sie, das läuft nicht ab. Ein blöder Fehler bei einer Holzfassade. Der wird dazu führen, dass man sie bald sanieren muss.”
Woanders schnappt sich Nussbaum ein Stanleymesser. Ritzeratze, schon hat er einfach einen Würfel aus der Hausfassade geschnitten. Ein Gestank lässt ihn die Nase rümpfen, “Schauen Sie Schimmel, starker Wurmbefall, der frisst sich schon durchs ganze Haus.” Doch Nussbaum hat schon die nächste Katastrophe entdeckt. Unten ragt die nackerte Bodenplatte heraus.
Nussbaum-Sätze, die Bauherren erschaudern lassen
Wer Nussbaum zu Besuch hat, weiß spätestens nach diesen Sätzen, dass er bald einen Schaden in sechsstelliger Höhe reparieren lassen muss. Meist auf eigene Kosten, denn die Pfuscherfirmen sind inzwischen oft schon Pleite. Zumindest ist er jetzt im Bilde.
Des Bauherren Leid, der Quote Freud
Nun frage ich mich, was mir an dieser TV-Sendung so gefällt. Das Bautechnische ist es nicht. Weder habe ich eine Ahnung davon, noch interessiert es mich sonderlich. Am Leid der Bauherrn ergötze ich mich auch nicht. Die tun mir einfach nur leid.
Was ist es dann? Vielleicht das Erstaunen darüber, was für einen unfassbaren Scheißdreck manche Handwerker verzapfen können. Vielleicht lernt man durch die Sendung aber auch zu schätzen, dass man selbst in einem Haus wohnt, das nicht durch Schimmel oder Holzwurm durchfressen vor sich hingammelt und auseinander fällt. Wie heißt es bei Max & Moritz so schön?
Bildlich siehst du jetzt die Possen,
Die in Wirklichkeit verdrossen,
Mit behaglichem Gekicher,
Weil du selbst vor ihnen sicher.
Vielleicht bin ich selbst aber gar nicht davor sicher. Vielleicht fault auch mein Heim heimlich vor sich hin und ich weiß nichts davon. Plötzlich läutet es an der Tür. “Grüß Gott, Nussbaum mein Name.” Ich schrecke hoch. Mir bricht der Schweiß aus. Gott sei Dank, es war nur ein Albtraum. Ist bei mir noch alles dicht? Ich klopfe auf Holz.
Facts: In der ATV-Sendung Pfusch am Bau deckt der EU-Bauchsachverständige Günther Nussbaum seit 2010 grobe Baumängel auf.
Fazit: Diese Doku-Soap lässt einen garantiert nicht kalt. Oft muss man Schmunzeln, wenn Nussbaum die kühnen Frechheiten aufdeckt, die sich Handwerker erlauben. Sieht man dann aber ins Gesicht der armen, geschädigten Bauherren, macht einen das selbst wütend und traurig.
Aufmacherfoto: atv.at
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