War dir Picard zu umgänglich mit fremden Rassen, hat dir Kirk zu viel geflirtet? Mach’s besser in Star Trek Bridge Crew VR. Wir haben das neueste Virtual Reality Spiel ausgiebig getestet. Story, Steuerung, VR-Umsetzung, Multiplayer – so sieht unser Fazit aus.
3. Juni 2017: Mitte der 90er, Wien, irgendwo auf der drüberen Seite der Donau. Der Autor dieser Zeilen kommt nachmittags gerade von der Schule nach Hause. Damals liefen noch nicht diese unsäglichen Talkshows, sondern amerikanische Science Fiction vom Feinsten: Star Trek. Mein erster Berührungspunkt mit der Welt von Kirk, Picard, Janeway, Sisko und Archer war Deep Space Nine. Die bayoranische Raumstation, Dreh- und Angelpunkt allerlei Abenteuer von Benjamin Sisko, Kira Nerys, Odo und Co., ist mein zweites Zuhause geworden.
Star Trek Games konnten mit TV-Helden nicht immer mithalten
Mit der Zeit lernte ich die Diplomatie von Jean-Luc Picard und den Charme von James T. Kirks schätzen. Auch die resolute Katherine Janeway gehörte ins Programm. Der Sprung von der Fernseh-Mattscheibe zum Computer-Bildschirm fiel den Trek-Machern aber schwer. Star Trek Bridge Commander und Star Trek Armada sind namhafte Ausnahmen vergangener Jahrzehnte. Und erst vor ein paar Jahren blieb das Online-Rollenspiel Star Trek Online weit hinter den Erwartungen der Kritiker, und auch weit hinter meinen, zurück.
2017, Wien, irgendwo auf der richtigen Seite der Donau. Der Autor dieser Zeilen kommt abends von der Arbeit nach Hause. Kurz werden die Katzen geknuddelt, dann setzt er sich eine komische Brille auf und taucht ein in ein fremdes, aber doch vertrautes, Universum: Star Trek. Ein Traum wird wahr. Er tritt in die Fußstapfen von Picard, Kirk, Sisko & Co.
Mitten in einem Asteroidengürtel baut sich in der Virtual-Reality-Brille der mächtige Star Trek Bridge Crew-Schriftzug auf. Dahinter rotiert das moderne Star Trek Logo. Das von den neuen Filmen. Bridge Crew verzichtet zwar auf die Lensflares von Regisseur JJ Abrams, übernimmt jedoch viel von der Ästhetik der Kinofilme mit Chris Pine und Zoe Saldana.
Das Wichtigste zuerst: der Avatar. Als Spielerfigur kommt für mich nur Jadzia Dax in Frage. Die begabte Trill-Wissenschaftlerin war mit Worf verheiratet und wurde von Bösewicht Gul Dukat brutal ermordet. Sie hätte sich die Ernennung zum Captain redlich verdient. Leider ist die Charaktererstellung sehr simpel ausgefallen.
Ein paar Gesichter stehen zur Auswahl, ein paar Haarschnitte ebenso und dann auch nur zwei der unendlich vielen Star-Trek-Rassen? Nur als Mensch oder Vulkanier darf man hinters Steuer des Föderations-Schiffs USS Aegis. Im Einzelspieler-Modus sieht man eh nie mehr als den Schoß seiner Figur, aber man will ja für seine Freunde hübsch/weise/gestählt/aggressiv aussehen. Ich hoffe, dass in potenziellen Erweiterungen die Auswahl erweitert wird.
Die Föderation hat dir das Kommando über die USS Aegis übertragen. Deine Mission: ein neues Zuhause für die Vulkanier finden. In dem Graben, einem noch unerschlossenen Sektor, hofft Starfleet eine neue Heimat für die oft kühlen Spitzohren ausfindig zu machen. Die Crew der Aegis muss im Graben die Präsenz der Föderation aufbauen, mit den Klingonen ein Auslangen finden und zu gefährlichen Anomalien navigieren. Die Missionen bieten spannende Wendungen und knackige Entscheidungen. Rette ich die Besatzung des Raumschiffs und riskiere eine direkte Auseinandersetzung mit den Klingonen? Setze ich damit auch meine ganze Crew aufs Spiel?
Nach Ende der Story warten zufällig generierte Missionen in den „Fortlaufenden Reisen“ auf die Crew der USS Aegis. Oder man übernimmt das Steuer der Enterprise NCC-1701, dem Schiff von James T. Kirk.
Auf ins Getümmel, ein ganzes Universum lädt zum Erkunden ein. Doch halt, zuerst muss die umfangreiche Steuerung und Rollenverteilung an Bord des VR-Raumschiffs geklärt werden. Ob Mann oder Frau, Mensch oder Vulkanier, jeder hat zumindest im Multiplayer eine fix zugeteilte Rolle. Alleine spielt man den Kapitän, kann aber jederzeit nahtlos in die anderen Rollen schlüpfen, die AI übernimmt die vakanten Plätze an der Brücke.
Der Steuermann der USS Aegis ist verantwortlich für die Geschwindigkeit und Richtung des Schiffs. Die richtige Ansteuerung des Warp-Vektors ist genauso wichtig wie die Ausrichtung zu feindlichen Objekten. Entfernungen sind ein wichtiger Bestandteil des Spiels, ist man nah genug zum Scannen unbekannter Objekte, vielleicht aber noch außerhalb der Waffenreichweite?
Der taktische Offizier verantwortet das Hochfahren der Schilde, das Laden der Torpedos sowie das Feuern der Phaser. Das darf man sich aber nicht glorreicher oder actionreicher als einen sanften Klick aufs Panel vorstellen. Die Zielerfassung funktioniert, innerhalb eines bestimmten Winkels vom Schiff aus, automatisch.
Der Ingenieur ist Herr über die Ressourcen. Er/Sie teilt die Gesamtenergie des Schiffs auf die wichtigsten Systeme auf. Unter Beschuss benötigen die Schilde mehr Power. Um aus einer haarigen Situation zu flüchten, brauchen die Motoren mehr Saft. In einem Scharmützel ist jeder Boost für die Phaser herzlich willkommen.
Der Kapitän hat die ganze Verantwortung. Er muss alles im Blick und im Griff behalten. Direkt steuern kann der Kapitän nichts, er sammelt alle Informationen und gibt Befehle an die Crew-Mitglieder. Für den wichtigsten Sessel an Bord der Aegis sollte man immer einen kühlen Kopf bewahren.
Leider sind die Steuerungsmöglichkeiten relativ eingeschränkt. Auf einem Display schiebt und zieht man mit dem Controller Regler hin und her. Mit den Thumbsticks oder dem Move-Controller werden die Arme des Crewmitglieds direkt gesteuert. Eine gewisse Einfachheit und Simplizität, die man von vielen Mobile-Spielen kennt. Mit dem Kopf schaut man von Seite zu Seite und kann kontrollieren, ob der taktische Offizier nicht schon wieder pennt. Generell sind die Menüs für die Benutzung mit Dualshock- sowie Move-Controller sinnvoll gestaltet. Ist man als Kapitän, vor allem im Singleplayer, leicht überfordert mit der Anzahl der Menüs und Untermenüs, spielen sich die anderen Crew-Mitglieder gut.
Wir haben Bridge Crew hauptsächlich mit dem normalen Controller gespielt. Die Menüs lassen sich präzise ansteuern und die Hände sind immer dort, wo man sie braucht. Für die Immersion bieten sich natürlich die Move-Controller an. Die Handbewegungen werden ziemlich exakt übertragen. Man muss nun aber auch in die „Tiefe“ greifen, also die (realen) Hände im Raum bewegen um die Konsole zu bedienen. Leider hat das in unserem Test nur sporadisch gut funktioniert und gerade in Stresssituationen dreimal durch einen Knopf drücken macht keinen schlanken Fuß. Darauf haben die Klingonen nur gewartet.
Auch nach mehreren Kalibrationsversuchen haben wir es nicht vernünftig zum Laufen gebracht. Sonst hatte die Kamera keinerlei Probleme mit der Erfassung. Vielleicht ist es auch ein Playstation-Problem oder lag an meinem Setup. Im Multiplayer ist die Move-Controller-Steuerung jedoch Gold Wert. Man sieht nämlich die Handbewegungen der anderen Crewmitglieder und kann rudimentär, zusätzlich zum Mikro, mittels Gesten kommunizieren.
Trotzdem stellte sich nach einigen Stunden auf der Brücke der Aegis mir die Frage: Wieso ist das Spiel eigentlich in VR? Klar, du bist deinem Charakter nah wie nie, steuerst direkt seine Arme, aber sitzt eigentlich nur herum und starrst entweder auf die Konsole vor dir oder vorne raus durch das Panoramafenster.
Und ehrlich gesagt, ist die Auflösung mit der PlaystationVR-Brille problematisch. Die Texte verwischen gerne und sind auf längere Zeit immer schwerer zu lesen. Dieses Problem wird bei den höherpreisigen und höher auflösenden VR-Brillen am PC, Oculus und insbesondere Vive, aber weniger ein Faktor sein. Die Grafik selber ist episch, die Anomalien im Weltraum sonderbar betörend und die massiven Planeten eine Augenweide.
Und gerade im Multiplayer kann die VR ihr Stärken ausspielen. Mehr dazu gleich.
Bekannterweise macht mit Freunden alles mehr Spaß. Was der Singleplayer-Teil an Aufregung vermissen lässt, findet sich im Multiplayer gemeinsam mit bis zu drei Freunden. Hier blüht Bridge Crew so richtig auf. Der Captain gibt die Befehle und der Steuermann, taktische Offizier und Ingenieur versuchen noch irgendwie die letzten Besatzungsmitglieder eines gestrandeten Föderationsschiffs zu retten oder einen klingonischen Warbird in die Flucht zu schlagen.
Wie ein Freund von mir bemerkte, wechselt man irrsinnig schnell zum Star-Trek-Jargon, ein „Aye Aye Captain“ da, ein „Affirmative“ dort. Da jeder dieses Universum so gut kennt, rollen diese Ausdrücke nur so von der Zunge. Das verstärkt das Erlebnis umso mehr. Alle Gruppen, die wir gefunden haben, sprachen Englisch. Auf Deutsch kommt man im Multiplayer von Bridge Crew nicht weit, in unzähligen Multiplayer-Matches hatten wir es nur einmal mit deutschsprachigen Crewmitgliedern zu tun.
Sind etwaige sprachliche Barrieren überwunden, entfaltet Star Trek Bridge Crew seinen vollen Charme. Wenn die ganze Crew zusammenarbeitet und sich mit merkwürdigen Gesten via Move Controller unterhält, weiß man das Ubisoft und Entwickler Red Storm alles richtig gemacht haben.
Zur Auswahl stehen der Multiplayer-Crew Missionen aus der (mit 4 bis 5 Stunden recht kurzen Singleplayer-Kampagne) oder zufällig generierte Aufträge. Diese Aufträge können variieren zwischen actionlastigen Kampf-Szenarien oder wissenschaftlichen Forschungsaufträgen. Im Test waren, mit der richtigen Crew, die Missionen oft knackig, selten unfair. Und nur dann unmöglich, wenn ein Crewmitglied partout sein Mikro nicht verwenden will und es nicht schafft auf Warp zu schalten. Ja, ich rede mit dir xxTheTiberiusx420 (Name von der Redaktion geändert).
To boldly go, where no man has gone before. Das Motto der Enterprise haben sich die Entwickler von Star Trek Bridge Crew zu Herzen genommen und ein Spiel entwickelt, dass es in dieser Form noch nie gegeben hat. Abgesehen von den technischen Einschränkungen von VR und der manchmal umständlichen Singleplayer-Steuerung hat Red Storm ein Meisterwerk abgeliefert. Dementsprechend positiv sieht unser Fazit aus. So nah war man Picard, Kirk und Sisko noch nie.
Ohne die VR-Integration würde das reine Gameplay wohl nicht ziehen, aber deswegen ist es ja dabei. Nach ein oder zwei Missionen ist aber meistens Schluss, das liegt zum einen an der Affenhitze im Headset. Andererseits fängt mit der Zeit auch das Headset zu zwicken an. Grund genug, sich eine PsVr, Oculus oder Vive zu kaufen? Ich würde sagen ja, damit ich mehr Freunde zum Spielen hab.
Star Trek Bridge Crew ist im Playstation-Store (PSVR erforderlich) und auf dem PC (Vive oder Oculus erforderlich) um jeweils € 49,99 erhältlich. Das Spiel unterstützt Crossplay (Playstation-User können mit PC-Spielern gemeinsam zocken).
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Weitere Tests und News zu den besten Games findest du in unserem Spieler-Bereich. Von den PlaystationVR-Spielen hat uns bisher am meisten Resident Evil 7 in den Bann gezogen – freilich auf ganz andere Art wie Star Trek Bridge Crew. Warum dieses Spiel mit VR-Brille der Wahnsinn ist, kannst du in unserem großen Review nachlesen:
Resident Evil 7 durchgezockt – so furchtbar gut ist der neue Teil
Der Grafiker und Art Direktor (Helden der Freizeit, Styria Verlag) aus Wien ist ein absoluter Game- und Film-Kenner. Das zeigt das in seinen Tests und Bestenlisten.