Anti-Kriegskunst, die aufrüttelt: wir waren für dich im Wiener Aktionismus Museum WAM und haben die Ausstellung Sweat and Blood von Pussy Riot Mitglied Diana Burkot besucht. Wie ihre Werke aufrütteln, warum sie nichts für schwache Nerven sind und alles zum neuen Museum.
von Verena Fink
Eine Militärjacke hängt von der Decke, darunter ist der Boden mit einer eingetrockneten Blutlache verklebt. Das Blut ist echt – es stammt von der russischen Künstlerin, Musikerin und Feministin Diana Burkot. Burkot kommt aus Moskau und ist vor allem als eines der Gründungsmitglieder des aktivistischen, feministischen Kollektives Pussy Riot bekannt, an dem sie seit dem Jahr 2011 mitwirkt. Sweat and Blood ist der Überbegriff eines multidisziplinären Kunstprojektes von Burkot – in Form von Installation, Performance, Musikalbum und Live-Show.
Die Performance von Burkot fand zur Ausstellungseröffnung statt: so wusch die Künstlerin vor Publikum eine russische Militärjacke mit ihrem eigenen Blut. Am Ende der Performance schüttete sie einen Patzen davon ins Publikum. Den Krieg nahebringen – wie gesagt, nichts für schwache Nerven, allerdings ein wichtiger Realitätscheck.
Erforscht wird laut Selbstbeschreibung bei Sweat and Blood die persönliche Entfremdung von repressiven Systemen inmitten von Reizüberflutung und mentalem Eskapismus. Es geht um das Normalisieren von Kriegen anstelle einer direkten Auseinandersetzung. „Sweat and Blood“ kritisiert die „geschönte, selektive Betrachtung von Krieg, Gewalt und Diskriminierung, die den heutigen Informationsraum beherrscht.“
Die Installation im WAM stellt mit Videoprojektionen Charaktere mit einzigarten Schicksalen in den Vordergrund – gesellschaftliche und politische Situationen sollen verdeutlicht werden. Im Mittelpunkt steht auch eine rote „Quelle“, die die verborgenen Wahrheiten der Figuren enthüllen soll und eine lebendige, ambivalente Kraft verkörpert.
Um die Ausstellung nüchtern runterzubrechen: zu sehen ist die russische Militärjacke mit Blutlache, eine Aufbereitung eines roten Materials sowie Videoprojektionen, die die Schmerzen des Krieges durch Performancekunst verdeutlichen sollen. Man hat die Ausstellung in kurzer Zeit „abgegangen“, es gibt eine kurze Kontextualisierung auf einem A4 Blatt, wenn man die Ausstellung betritt. Im Endeffekt ist die Ausstellung symbolträchtig, es geht um die Wirkung, welche der ganze Raum auf einen hat. In rot getaucht, das echte Blut einer russischen Aktivistin unter einer Militärjacke und die Videos, die einem ins Gesicht schreien: wir leiden und diese Grausamkeiten müssen enden.
Ich verlasse die Ausstellung bedrückt. Sweat and Blood schafft es, die Gefühle der Menschen, die unter dem Krieg leiden, näher zu bringen, das sinnlose Blutvergießen aufzuzeigen und einen daran zu erinnern, wie verdammt priviliegiert man doch eigentlich ist. Sweat and Blood richtet sich gegen das russische Regime und ist ein klares Anti-Kriegs-Statement.
Eröffnet hat das Wiener Aktionismus Museum – kurz WAM – letztes Jahr im März. Das Museum geht zurück auf eine Privatinitiative von mehreren Sammlern, mit dem Ziel, dem Wiener Aktionismus Aufmerksamkeit zu schenken. Im Museum werden die bedeutendsten Kunstbewegungen in Wien des 20. Jahrhunderts präsentiert, es soll der “kulturgeschichtliche Einfluss des Wiener Aktionismus zur Entwicklung der performativen Künste weltweit” aufgezeigt werden. Wichtige Namen, deren Kunsteinflüsse im Museum beleuchtet werden, sind Günter Brus, Hermann Nitsch, Otto Muehl und Rudolf Schwarzkogler.
Da vor allem Aktivismus mit Betonung auf gewaltvollen Umgang mit Körpern und der Verwendung von Körperflüssigkeiten gezeigt wird, sollte man nicht mit flauem Magen hingehen und eventuell auch für den emotionalen Support eine Begleitung mitnehmen. Die Bilder im Museum sind teilweise nichts für schwache Nerven und erfüllen somit auch ihren Zweck: sie rütteln auf, sie lassen einen unwohl fühlen, sie regen zum Nachdenken an. Interessante Einblicke zu den jeweiligen Bildern erhält man übrigens bei der weiteren aktuellen Ausstellung Was ist Wiener Aktionismus durch Audioguides in Deutsch und Englisch. Audioguides gibt es bei Diana Burkots Ausstellung keine.
Pussy Riot Sweat and Blood – Diana Burkot
Ausstellungszeitraum: 6. 12. 2024 – 31. 1. 2025
Öffnungszeiten: MI – SO & Feiertage, 11:00 – 18:00 Uhr
Adresse: Weihburggasse 26, 1010 Wien
Eintritt: regulär 10 Euro, ermäßigt 5 Euro
Bleib mit Helden der Freizeit immer top informiert zu den aktuellsten Ausstellungen, Events sowie weiteren Inputs rund um dein Kulturleben. Klick dich durch:
Ernst Fuchs Museum: Bunt, schräg, prächtig!
Khroma-Ausstellung in Wien: Was kann die hippe Kunstschau?
Die besten Winter-Events in Wien und NÖ
20 Top-Ausstellungen diesen Winter in Wien
Aufmacherfoto: (c) Ekaterina Frolova
Verenas journalistische Palette reicht von wilden Festivalberichten über coole Wien-Guides und Reels bis zu einfühlsamen Interviews.