Eine erneute Rückkehr nach Mittelerde. Diesmal animiert, erfahren wir in Der Herr der Ringe: Die Schlacht der Rohirrim eine weitere Vorgeschichte des alles entscheidenden Ringkriegs. Warum man sich getrost für dieses animierte Fantasy-Abenteuer ins Kino setzen kann, das verraten wir hier.
von Susanne Gottlieb, 12. 12. 2024
Nach den Trilogien Der Herr der Ringe und Der Hobbit, sowie der Amazon-Serie Die Ringe der Macht, die von der Schmiedung der Ringe erzählt, geht es nochmal zurück nach Mittelerde. Der japanische Regisseur Kenji Kamiyama hat unter dem wachsamen Produzentenauge der Herr der Ringe-Mitdrehbuchautorin Philippa Boyens eine weitere Vorgeschichte des Ringkrieges auf die Leinwand gebannt. Diesmal komplett im klassischen japanischen Stil animiert, aber treu an die von Peter Jackson geschaffenen Welten der Filme angelehnt, ist dies eine spannende Mischung zwischen Altbekanntem und neuen Welten.
183 Jahre bevor Frodo aufbrach, um einen Ring in einen Vulkan zu werfen, lebte im Königreich Rohan, in der Hauptstadt Edoras, die Königstochter Héra (Gaia Wise). In den Quellen ohne Namen, wird sie hier nicht nur benannt, sondern zur Protagonistin des Konflikts, der Helms Klamm einst seinen Namen einbrachte. Denn Helm ist niemand anderer als ihr Vater, der König Helm Hammerhand (Brian Cox). Der Konflikt entspringt einer Anmaßung der Dunländer, darunter Héras Kindheitsfreund Wulf (Luke Pasqualino). Dessen Vater will, dass Héra nicht irgendeinen Schnösel aus Gondor heiratet, sondern Wulf, um Rohan und das Volk der Dunlänger zu stärken. Eine Heirat hatte die willenstarke Héra, ein Wildfang, der am liebsten den ganzen Tag durch die Gegend reitet und Abenteuer besteht, für sich eigentlich nicht vorgesehen.
Auch Helm sieht dies als Affront, in einer Auseinandersetzung vor den Toren der Regierungshalle erschlägt er Wulfs Vater versehentlich. Wulf schwört ob seiner Verbannung aus Rohan Rache, er will nicht nur Helm, sondern auch seine beiden Söhne töten, so dass die Linie der Könige aus Rohan versiegt. Jahre später scheint er die Dunlänger auch vereinigt zu haben, eine Attacke auf Edoras ist auf Schiene. Héra gelingt es, mit der Bevölkerung in die Hornburg, das spätere Helms Klamm, zu fliehen. Doch nun bedarf es ihrer Stärke und ihres Ideenreichtums, um die Belagerung von Wulfs Streitkräften zu widerstehen und ihr Volk zu befreien.
Eins muss man dem Der Herr der Ringe-Universum unter der Schirmherrschaft von Peter Jackson lassen. Die sonst eher männlich dominierte Welt erfährt durch diese moderne Interpretation mehr Raum für weibliche Figuren. Ob das nun, mit eher glücklichen Händchen, in der Original-Trilogie Arwen, Eowyn oder Galadriel waren, oder eher unglücklich bei Der Hobbit die erfundene Elbin Tauriel. Hier nimmt die Geschichte eine in den Analen von Tolkien namentlich nicht genannte Figur und erzählt die Geschichte aus ihrem Blickwinkel. Immerhin, der Rest stimmt fast vollständig. Auch bei Tolkien entstand der Konflikt, als Helm seine Tochter nicht an Wulf verheiraten wollte.
Héra präsentiert sich dabei als wandelbarer Wunschtraum einer Frau, weiblich, sensibel aber doch eine kompetente Kämpferin. Weise, nicht aufbrausened, aber doch in vielem naiv. Gewisse Entscheidungen, vor allem später in der Handlung, dürften manchen Puristen zwar sauer aufstoßen. Aber wirklich böse kann man hier niemanden sein, dafür sind die Figuren dann allesamt zu oberflächlich und eindimensional gezeichnet.
Es ist schwer zu sagen, ob das alles daran liegt, dass hier gezeichnete Figuren agieren, oder ob sich der Film mehr Zeit mit der Handlung hätte lassen sollen. Immerhin ist er für ein Mittelerde-Abenteuer nicht einmal gerade kurz, zwei Stunden bekriegen sich die Fraktionen rund um die Klamm. Aber so optisch fein die Animation ist, und so vertraut-nostalgisch die Ebenen Rohans aussehen und die altbekannte Der Herr der Ringe-Musik erklingt, so leer fühlt sich die Summe ihrer Teile beizeiten an.
Woran das liegt? Schwer zu sagen. Verglichen mit den überladenen Der Hobbit-Filmen ist die Angelegenheit durchaus ein Meisterwerk. Doch schon bei Tolkien war die Geschichte vom Aufbau wie ein müder Abklatsch der eigentlichen Helms Klamm-Storyline. Und auch hier zieht man immer unweigerlich Vergleiche, kann sich irgendwie nie dem Wunsch entbehren, gleich nochmal in den Film von 2002, Die zwei Türme, hinein zu schauen.
Der Herr der Ringe: Die Schlacht der Rohirrim hat zwar durchaus Unterhaltung und die Ermächtigung einer weiblichen Figur zu bieten. Doch insgesamt ist der Film dann doch etwas dünn, um eine Kerbe im Kanon der Adaptionen zu schlagen.
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Susanne Gottlieb schreibt als Filmjournalistin für die Helden der Freizeit, Kleine Zeitung, NZZ, Standard, TV Media, Filmbulletin, Cineuropa und viele mehr. Sie arbeitet im Filmarchiv Austria, berichtet von diversen Filmfestivals und hat Theater-, Film- und Medienwissenschaft studiert.