Vor 20 Jahren erblickte die SEGA Dreamcast das Licht der Welt. Die legendäre Konsole, die von SEGA als großer Wurf geplant war, durchlebte eine bewegte Geschichte. Heute genießt die Dreamcast Kultstatus, obwohl oder gerade weil sie für SEGA ein finanzielles Debakel wurde.
14. Oktober 2019: Nur weil etwas gut ist, heißt das leider noch lange nicht, dass es auch erfolgreich ist. Dieses Schicksal ereilte die Spielkonsole Dreamcast. Als Konkurrenz für PS2, Xbox und Gamecube konzipiert und ihrer Zeit in mancher Hinsicht voraus, konnte sie sich nicht behaupten.
Genau heute vor 20 Jahren, am 14. Oktober 1999, kam das schicke Teil in Europa auf den Markt. Wie es zum Absturz kam und warum die SEGA Dreamcast trotzdem einen Platz in unserem Herzen verdient hat, lest ihr bei uns.
Alles begann so schön. Vor allem in den USA legte die Dreamcast einen Traumstart hin. 500 000 Exemplare verkaufte man dort in nur 2 Wochen. SEGA lieferte damit rund ein Jahr vor dem Erscheinen von Sonys PS2 als erster 3D Grafik der nächsten Generation. Zuvor sahen eigentlich nur Spiele mit eher comicartigem Design richtig gut aus, weil die niedrige Zahl an anzeigbaren Polygonen nicht gut für realistisches Design geeignet war. Aus damaliger Sicht sahen die Spiele auf der Dreamcast daher hervorragend aus.
Leider konnte man die Spitzenposition nicht verteidigen. Kaum waren PS2, Xbox und Gamecube auf dem Markt, wurde die Dreamcast verdrängt. PS2 und Xbox überholten die SEGA-Konsole im Bereich Realismus, und Nintendo ist nunmal Nintendo und damit unangefochter König farbenfroher Welten. Außerdem konnte Nintendo sich auf eine treue Fanbase verlassen. Die Dreamcast hatte es verabsäumt, sich eine eigenständige Identität zu schaffen. Sie konnte alles leidlich gut, war aber nirgends an der Spitze. Das Weihnachtsgeschäft 2000 geriet damit zum Desaster und SEGA erholte sich nicht mehr von diesem Rückstand.
Einen Hoffnungsschimmer stellte eine Handvoll bis heute toller und einzigartiger Spiele dar, die exklusiv für die Konsole erschienen. Viele davon sind mittlerweile auch für andere Plattformen erhältlich. An der Spitze dieser Games steht unangefochten Shenmue. Shenmue war für die damaligen Verhältnisse eine Revolution. Als Ryo Hazuki spielt man in einer vollen 3D-Open-World eine Geschichte von Rache und Kriminalität. Die Interaktivität mit der Spielwelt stellte auch viel spätere und modernere Grand Theft Auto Spiele in den Schatten. Ryo konnte als Staplerfahrer arbeiten, essen gehen, Karaoke singen, Tiere streicheln, Kaugummiautomaten verwenden – alles, was der Spieler wollte. Damals war Shenmue die detailierteste Simulation der Realität. Dazu kam eine mitreißende Handlung und ein dynamisches Kampfsystem. Shenmue war seiner Zeit voraus.
Leider konnten Shenmue und die anderen Kultspiele die Konsole nicht retten. Es gab schlicht und einfach zu wenig tolle Games, auch wenn die guten richtig gut waren. Die Konkurrenz überschwemmte den Markt mit Spielen und legte dazu noch ihre eigenen bereits etablierten Kultmarken in die Waagschale. Mario und Co waren einfach zu mächtig für die Dreamcast. Auch SEGAs eigenes Maskottchen Sonic the Hedgehog konnte nichts mehr ausrichten. Nach einigen Monaten des Überlebenskampfes stellte man die Produktion der Dreamcast bereits 2001 schon wieder ein.
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Trotz allem war die Dreamcast ein wichtiger Schritt in der Geschichte der Videospiele. Die Etablierung von realisitischen Spielwelten, das Marketing an ein erwachseneres Publikum und ein Fokus auf kreative neue Ideen anstatt auf sichere Franchise setzte ein bedeutendes Zeichen. Die Dreamcast hat heute einen Status, der an verklärte Nostalgie errinnert. Sie hat sich diesen Platz aber verdient, und nicht umsonst wurden in den letzten Jahren viele ihrer Games auf der neuen Konsolengeneration und auf PC neu aufgelegt. Außerdem soll bereits diesen November Shenmue 3 erscheinen, was wir kaum erwarten können. Die Dreamcast: Ein Kultobjekt, ein Lehrstück über den Konsolenmarkt und natürlich auch ein begehrtes Sammlerstück. Wir erinnern uns gern und empfehlen jedem, der eine in die Finger bekommen kann, sich damit auseinander zu setzen.
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Alle Fotos (c) Evan Amos, Asim Saleem
Peter Huemer stellt bei den Helden der Freizeit jedes Monat in "Peters Buchtipp" ein außergewöhnliches Werk vor. Außerdem schreibt er bei uns über Games, Kino und Streaming. Der Freie Schriftsteller hat vergleichende Literaturwissenschaft studiert und arbeitet auch als Lektor, Korrektor und Übersetzer.